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Bürger-Rezeption
 

Bürger-Rezeption Volltexte 1871-1880

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1871

Stiefel, Julius. Bürger. In: Die Deutsche Lyrik des achtzehnten Jahrhunderts.

“[S. 112] Ebenfalls humoristischen Tons und durch ähnliche Variation des Thema verwandt sind die zwei Balladen: ´Die Weiber von Weinsberg´ und ´Der Raubgraf´. In beiden tritt der eigentliche Haß zwischen den Ständen, dort Kaiser und Bürger, hier Raubritter und Bürger, hervor, doch wird er in jener durch die Verbindung und den Einfluß der Liebesstoffsphäre gemildert und verwandelt und zugleich in der Concurrenz der ehelichen Frauentreue und der ritterlich-kaiserlichen Worttreue der intellectuellen Ueberlistung noch ein edles ethisches Motiv beigegeben; in dieser treten der Haß und die intellectuelle Ueberlistung in unedler Wendung auf; so repräsentirt auch die erstere den niederen Bürger´schen Stil nur nach Seiten seiner platten Geschwätzigkeit, die zweite nicht minder auch in seinen Ausläufen pöbelhafter Trivialität. Diese verliert sich vollends in bänkelsängerisch-cynische Gemeinheit in den Gedichten: ´Frau Schnips´ und ´Neue weltliche hochdeutsche Reime´. Das Thema des ersteren wäre an sich trefflich zu einer humoristischen Ballade geeignet; es stellt den Grundgedanken der episch-lyrischen Dichtung Bürger´s in der interessanten Wendung gegen das religiöse Privilegium dar: die Heiligen und die Sünder haben sich gleicherweise nur der Gnade zu erfreuen. Ja eine unverkennbare Anlage zu einer tiefsten Fassung dieses Thema liegt sogar in dem zweiten Gedicht; die Sage von Jupiter´s Liebe zu der Europa trägt doch wohl einen Keim von der Idee der Gott- und Menschenverwandtschaft in sich, der freilich in dem Bürger´schen Gedicht scheußlich profanirt wird. - Den Versuch einer religiösen Ballade in schlichtem aber gehaltenem Stil bezeichnet ´Sanct Stephan´. In den Gedichten ´Das Lied vom braven Mann´ und ´Die Kuh´ wird das Grundproblem auch formell gefaßt als Aufgabe: Begebenheiten des alltäglichen Lebens mit historischer Treue poetisch zu gestalten und bescheiden verborgenem Verdienst die Verherrlichung der Poesie zu zollen, und die Lösung gelingt besonders im ersten durch die Mittel psychologischer Vertiefung, lebendiger Situationsdarstellung und idealisirender Charaktererhöhung. Beide Balladen repräsentiren in ihrer edlen Einfachheit den höheren Stil, nur leider mit der Störung reflectirender Breite. Den Concurrenzpunkt bildet hochherzige Nächstenliebe, in welcher in der ersteren der niedere Stand den Preis davonträgt, in der zweiten, wo der Unterschied von Reich und Arm auftritt, der Besitzende sich auszeichnet. - Von den Liebesballaden erreicht keine mehr die Höhe des reinen Stiles, wenn auch einige durch Energie der Leidenschaft und scharfe Charakterzeichnung bedeutend sind. Die Macht der Liebe, welche die conventionellen Schranken bricht, aber an dem Widerstand und der Intrige der Etiquette und der Eifersucht scheitert, bildet den Inhalt von ´Lenardo und Blandine´. Die Gluth, Heimlichkeit und Süßigkeit der Liebe, die Kälte und Falschheit des Verrathes, das Leid des Verlustes bis zu seiner Verwandlung in den Wahnsinn sind lebenswahr und ergreifend hingestellt; aber es geht ein unerquicklicher Doppelzug durch das Ganze, der unvermittelte Gegensatz einer höheren und niederen Auffassung der Liebe, der Sinnlichkeit und Zartheit, der Frivolität und Rührung. Die lyrischen Einschiebungen sind lang, doch nicht unlebendig. Es liegt etwas Farbiges, Schimmerndes über diesem Gedicht, das in einem schönen Vers hinfließt, aber in einem schleppenden Gang der Handlung und Composition schwerfällig sich entwickelt; Liebesstoffsphäre der schönen Pagen und Prinzessinnen. Das Seitenstück dazu: ´Des Pfarrers Tochter von Taubenhain´ ist nicht minder durch frivole Sinnlichkeit, die in dem Geliebten stark repräsentirt ist, gestört. Hier veranlaßt die Schuld des Junkers den Ausgang, der von ergreifender Tragik ist. Verbindung der Liebes- und Gespensterstoffsphäre. Die übrigen Liebesballaden sind sämmlich stilgewandte Umbildungen englischer Balladen. “

Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK 

 

1871

Ebeling, Friedrich W.. Gottfried August Bürger und Elise Hahn.

“[S. 123] Nie haben zwei Menschen den verantwortlichsten und schwersten aller gemeinsamen, in den Folgen nicht sowol von Uebereinstimmung der Charaktere als von der Möglichkeit harmonischer Vereinbarung der Gegenstände in denselben abhängigen Schritte in unbesonnerer, verblendeterer Eilfertigkeit gethan als unser Dichter und die Schwäbin. Ihn allein aber, den gereiften und geschulten Mann, müssen alle Vorwürfe treffen, die man deshalb erhoben hat oder erheben kann, keiner darf gegen das junge, kaum ins Leben getretene, unerfahrene, noch durch keinen einzigen Schicksalsschlag zu nüchterner Erwägung und Herabstimmung der Scala seiner enthusiastischen Seele gedrängten Mädchens gerichtet werden. [...] Und tausend andere Männer unter seiner Bildung und sogar leer an mahnenden Erlebnissen würden mehr Gewissen, ja selbst mehr Menschlichkeit besessen haben, als das sie einem jungen, lebenslustigen Mädchen strenge Durchführung der Mutterpflichten für drei fremde Kinder hätten zumuthen sollen, zumal unter so erschwerend bestellten ökonomischen Verhältnissen.

[S. 134] Als sie zur Aufbesserung und Bestreitung der wirthschaftlichen Bedürfnisse die Absicht aussprach, Tischgänger zu nehmen, drängten sich so viele Studirende und junge wohlhabende Leute, die sich Studirens halber in Göttingen aufhielten, herbei, daß sie nicht wenige Anbieter aus localen Gründen zurückzuweisen genöthigt war. Kein Wunder, daß man ihr den Hof auf alle Art und Weise machte, daß man sie in Liebesnetze zu verstricken suchte – und verstrickt ward. Es wäre unmenschlich, gegen ein so junges, getäuschtes und liebebedürftiges Weib deshalb den Stein der Verdammung zu schleudern; denn nicht einmal ihrem Selbstgefühl und ihrem Ehrgeize vermochte Bürger zu genügen.“

Ebelings G. A. Bürger und Elise Hahn in der ONLINE-BIBLIOTHEK.

 

1871

Block, Moritz. Volkswirthschaftliche Briefe aus Paris. In: Vierteljahrschrift für Volkswirthschaft und Kulturgeschichte. Berlin. Digitalisiert von Google

“[S. 316] Der Gewinn betrug 441,000 Fr.; davon 63,000 Fr. (5% der 1,260,000 Fr.) für die Vorsorgekasse, bleibt 378,000 Fr. d. h. 30% Zulage, also 300 Fr. für jeden Arbeiter. Wer das Wenn und das Aber erdacht, der hat nach Belieben - aus Häckerling Gold, oder aus Gold Häckerling gemacht. Sie sehen, ich erlaube mir eine freie Bearbeitung des klassischen Sprüchworts und zwar ohne Rücksicht auf Versmaass. Die Zahlen sind so geduldig und fügsam! Wollen Sie den Arbeitern 60% geben? Das ist sehr leicht, Sie haben bloss den Gewinn um so viel höher zu schätzen.“

 

1871

Laas, Ernst. Herder´s Einwirkung auf die deutsche Lyrik von 1770-1775. In: Die Grenzboten. Leipzig. Digitalisiert von Google

[S. 583] Bürger fiel später hier und da wieder in den alten burlesken Ton zurück; man kennt die Weiber von Weinsberg, Frau Schnips, Gedichte voll obscöner und roher Ausdrücke.
      Auch in der echten, reinen Ballade konnte er sich nicht immer frei halten von Unflath; der Zug seines Gemüths, der ihn überhaupt befähigte, sicher und fest den von Herder geforderten populären Ton zu treffen (und nicht, wie Gleim, bloß zu affectiren), artete bei ihm gern, es war die Folge einer gewissen Unbändigkeit und Wüstheit der Natur, in's Plebejische aus.
       Es ist bekannt, wie an dieser Stelle ihn später tief einschneidend und verwundend Schillers Kritik in der Jenaer Literatur-Zeitung 1791 traf. Der Kritiker, welcher seinerseits durch rastlose Arbeit an sich selbst von rohen und ungebärdigen Anfängen zu reiner Kunstidealität sich geläutert hatte, machte für die Cruditäten des Dichters den Menschen Bürger verantwortlich. ´Der Geist dieser Gedichte ist kein gereifter, kein vollendeter Geist, dessen Producten nur deßwegen die letzte Hand fehlt, weil sie - ihm selbst fehlt´.
        Diese Seite an Bürger stellt den gefährlichen Abweg dar, zu dem Herders Theorien verleiten konnten, den Abweg zur rohen Natur, zur plebejischen Volksthümlichkeit. Es wäre ein Unglück gewesen, wenn Deutschlands Entwickelung auf dieser Bahn weiter gegangen; ein gütiges Geschick hat uns davor bewahrt.
         Zu Anfang freilich riß Bürgers Romanzendichtung auch die Gebildeten der Nation, denen in der Cultur des Geistes ursprüngliches Gefühl noch nicht erstickt war, mit in ihren Triumphzug. Man jubelte der Befreiung der lange unterdrückten Natur- und Gotteskraft in unserem Busen mit lautem Beifall zu. Aber das konnte allmählich nicht unempfunden bleiben, daß das Ideal mit dieser Art von Poesie nicht erreicht sei; man harrte noch des Dichters, in dem Freiheit und Gesetz, Leben und Form zu schöner Harmonie sich einigen sollten. Natur und Individualität mußten in ihm unverkümmert und ungebrochen sein; aber dieser Natur mußte als eine ursprüngliche Gabe zugleich inne wohnen festes Gefühl für Maß, Rundung und Grenze. Dann hatte Herder erreicht, was er als das Höchste dunkel ahnte.
         Bürger selbst wendete sich mit den Jahren von dem alles mit sich fortreißenden, stürmischen, idiotistischen Ton seiner Gedichte wieder ab und bildete immer mehr einen Hang zu Ramler´scher Correctheit aus. Dies war nun erst recht verfehlt. Und sein begeisterter Schüler A. W. v. Schlegel war befugt, sich fast überall ´der alten Lesarten´ gegen die pedantischen Correcturen anzunehmen.
        Und noch ein Mangel haftete an Bürger. Seine Sachen kosteten ihm noch viel zu viel Schweiß, Arbeit und Mühe. Es ging ihm ähnlich wie Lessing. Er gesteht es selbst, fast mit Lessings bekannten Worten aus dem Schlußaufsatz der Hamburger Dramaturgie, daß er die lebendige Quelle nicht in sich fühle, die unaufhaltsam von selbst strömt; er ´muß jeden armseligen Tropfen erst mit großer Anstrengung heraufpumpen.´
         Alle Gerechtigkeit erfüllte erst Goethe. Er war wirklich Herders Volkssänger im gebildeten Jahrhundert. “

Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1871

Fischer, Kuno. Der Mutterwitz. In: Ueber die Entstehung und die Entwicklungsformen des Witzes. Heidelberg. Digitalisiert von Google

“[S. 67] Und um gleich den Mutterwitz mit seinem Gegentheil zu confrontiren, so wird dieses letztere am ergötzlichsten und lächerlichsten da erscheinen, wo zwar die künstliche Bildung mit ihrem ganzen Pomp, mit Rang, Würde und Gelehrsamkeit sich vorfindet, aber auch nicht ein Fünkchen Mutterwitz hat, zum deutlichen Beweis, daß alle künstliche Bildung nicht im Stande ist, ein solches Fünkchen zu erzeugen. Das ist die schnurrige Geschichte, die sich in der Welt so oft erlebt:
         Auch war einmal ein Abbt, ein gar stattlicher Herr,
         Nur schade, sein Schäfer war klüger als er!

[S. 74] Wenn ich vom Mutterwitz rede, so fällt mir immer wieder jenes ´schnurrige Mährchen´ ein, welches Bürger so hübsch erzäblt hat, von den drei verfänglichen Fragen, womit der kurrige Kaiser den guten Abbt von St. Gallen in eine so schlimme Verlegenheit gebracht hat:
     Er schickte nach ein, zwei, drei, vier Universitäten,
     Er fragte bei ein, zwei, drei, vier Facultäten,
     Er zahlte Gebühren und Sporteln vollauf,
     Doch löste kein Doctor die Fragen ihm auf.
Niemand hilft ihm als Hans Bendix der Schäfer, der augenblicklich Rath weiß:
     Versteh ich gleich nichts von lateinischen Brocken,
     So weiß ich den Hund doch vom Ofen zu locken,
     Was ihr euch, Gelehrte, für Geld nicht erwerbt,
     Das hab´ ich von meiner Frau Mutter geerbt.
Und Hans Bendix wußte nicht bloß die kurrigen Fragen so treffend zu beantworten, daß der Kaiser ganz verdutzt und erstaunt war, er war noch weit klüger, er hatte mehr Witz nicht bloß als der Abbt, sondern auch als der Kaiser, der ihn wegen seines Mutterwitzes gleich mit Ring und Stab belehnen und zum Abbt machen wollte, er war so gescheidt, daß er lieber Schäfer sein wollte als Abbt. “

 

1871

Lindner, Ernst Otto Timotheus. Frische, echt volksthümliche Richtung. In: Geschichte des deutschen Liedes im XVIII. Jahrhundert. Leipzig. Digitalisiert von Google

“ [S. 120] Weit einflussreicher [als Miller] wirkte Bürger auf die Componisten; seine Lyrik hatte sich fast ganz von jedem nur überkommenen Apparate frei gemacht, es wehte ein ungewohnter fortreissender Zug namentlich in seinen Balladen, und der mitunter grobsinnliche Naturalismus, insbesondere seine Auffassung der Geschlechtsliebe, die ziemlich ungenirt auf den Beischlaf als das punctum saliens hinauslief, trat nicht nur mit der gemachten, grossentheils kaum halbwahren, bald lüsternen, bald verhimmelnden Liebesingerei, die noch vielfach sich geltend machte, in einen wohlgefälligen Gegensatz, sondern sie traf auch für sehr Viele, und darunter wohl auch für mehr als einen Musiker so recht ins Schwarze. Wer sich aber an die Composition dieser Gedichte machte, der musste entweder einen verwandten Zug zum Ungeschminkt-Natürlichen und eine kräftige ihnen entsprechende Einbildungskraft haben, - oder seine Leistungen konnten nicht einmal jenen mittelmässigen Grad von entsprechendem und ansprechenden Ausdruck erhalten, der bezüglich der Weisse´schen, Miller´schen u. a. Gedichte wenigstens für einen Theil der Zeitgenossen Befriedigendes gab.

[S. 134] Neefe trifft im Ganzen den sogenannten volkstümlichen Ton, namentlich bei Bürger. Doch steht er dabei so ziemlich inmitten zwischen André und Schulz. Es wäre daher fast überflüssig, seiner hier nochmals zu gedenken, fände sich nicht in demselben Werke eine grössere eigenthümliche Composition. Es ist dies das durchcomponirte Bürger´sche Gedicht: ´Vom Spatz, der sich auf dem Saal gefangen hatte´ (´Bons dies, Herr Spatz!´) Die humoristische Anrede an den perplexen Sperling, ist ganz mit der ihr zukommenden lustigen Heiterkeit behandelt, und trotz des öfteren Tact- und Tempowechsels, trotz des ins Einzelne gehenden musikalischen Ausdruckes, doch in einer einheitlichen Stimmung durchgeführt, welche, in einem komisch-pathetischen Allabreve ´Hu, hu, Despotenhudeley´ austönend, das Ganze im Rahmen eines lyrischen Gedichtes, nicht aber einer im Opernstil abgefassten dramatischen Scene erscheinen lässt.
    Diese Composition ist daher nicht nur deswegen besonders bemerkenswerth, weil dieselbe Neefe's anspruchsloses Talent von einer neuen, für damals überhaupt neuen Seite zeigt, sondern auch weil sie, in ihrer dem Texte vollkommen entsprechenden Gestaltung, den Beweis dafür giebt, wie gerade der in jener Periode populärste Dichter, nicht nur auf die einfache Liedform einen sehr erheblichen Einfluss hatte, sondern auch neue erweiterte Kunstformen hervorrief.
    Am Klarsten tritt dies hervor in einigen seiner Balladen. “

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1871

Lemcke, Carl. In: Geschichte der deutschen Dichtung, Erster Band. Leipzig. Digitalisiert von Google

“Friedrich von Spee.
[S. 227] Am bekanntesten ist Spee's Gedicht über Franz Xavier: ´Als in Jappon weit entlegen dachte dieser Gottesmann´. Es ist ein Fluss, eine Gefügigkeit in diesen balladenartigen Gedichten des von Trier bis Hildesheim hin in seinem kirchlichen Beruf thätigen Dichters, der unwillkürlich an Bürger erinnert. Nur bei Heermann fanden wir Aehnliches.

[Johann] Rift. 
[S. 270] In der ´Florabella´ z. B. von 1651 (1644) ist schon der Opernton getroffen, der bald in Hamburg so beliebt werden sollte. Italienische, spanische und französische Lieder dienten ihm dabei zum Muster. Aus Unklarheiten kommt es ihm freilich auch nicht an und dass Geschmacklosigkeiten unterlaufen, versteht sich bei dem damaligen deutschen Poeten von selbst. Aber oft kann seine Geläufigkeit in Vers und Reim an Bürger erinnern.**)

**) Kein grösser Narr ist weit und breit
   In dieser Welt zu finden,
   Als der durch Weiber Freundlichkeit
   Sich gar lässt überwinden,
   So dass er blossen Worten traut
   Und nicht auf ihre Falschheit schaut,
   Der wird nach wenig Tagen
   Sein Elend sehr beklagen.
Ganz hübsch ist Manches in seinem: Hin ist der Tag:
   Du heller Mond zieh mich hinauf
   Und lass mich dir zur Seiten schweben. “

 

1871

Kluge, Hermann. Bürger. In: Geschichte der deutschen National-Literatur. Altenburg. Digitalisiert von Google

“[S. 86] Gottfried August Burger wurde 1748 zu Molmerschwende im Halberstädtischen (bei Harzgerode) geboren. In Göttingen, wohin er sich von Halle aus begab, um seine Studien zu vollenden, nahm sich Boie, der sein ausgezeichnetes Dichtertalent erkannte, seiner an. Freilich war dieses poetische Talent mit sinnlicher Leidenschaft unglücklich gemischt, und von dem wüsten Leben, das er seit seinem Aufenthalte in Halle und in Göttingen führte, konnte er sich nicht mehr beharrlich frei machen. Durch Boie's Einfluß erhielt er die Stelle eines Justizamtmanns in Altengleichen, allein er gab sie wieder auf und wurde Docent und später Professor an der Universität Göttingen. Nach einem Leben, reich an Verirrungen (die erste und dritte unbesonnener Weise eingegangene Ehe war eine höchst unglückliche), Sorgen und Leiden starb er 1794 in Reue über die eigne Schuld an seinem Lebensunglück und nach Schillers strenger Recension seiner Gedichte auch an seinem Dichterberufe verzweifelnd. Mit Recht konnte er von sich sagen: ´Meiner Palmen Keime starben eines bessern Lenzes werth.´ Von ihm gilt dasselbe, was Goethe von Günther urtheilte: ´Er wußte sich nicht zu zähmen, und so zerrann ihm sein Leben wie sein Dichten.´ Durch Percy's Sammlung altenglischer Balladen wurde Bürger auf dasjenige Gebiet der Poesie geführt, auf dem er das Vorzüglichste geleistet. Er hat die Ballade in unsre Literatur eingeführt und sie mit wahrhaft dramatischer Lebendigkeit zu behandeln verstanden. Sein Meisterwerk in dieser Gattung, das vor Allem Bürgers Dichterruhm begründete, ist die 1774 im Göttinger Musenalmanach erschienene Lenore. Zu dieser Ballade bot dem Dichter ein englisches Vorbild den Stoff, aber er hat denselben mit deutschem Geiste und deutschen Verhältnissen innig verschmolzen. Er wählte den siebenjährigen Krieg, der noch in frischer Erinnerung war, zum Hintergrunde und führte einen in der Schlacht gefallnen Helden als Geist vor, der das seiner Braut gegebene Wort löst. Im ersten Theile, der die Seelenstimmung der Lenore in dialogischer Form vorführt, wird der leidenschaftlichste Schmerz in der ergreifendsten Weise geschildert. In der zweiten Hälfte, die den nächtlichen Geisterritt zum Gegenstande hat, jagen eine Reihe grausenhafter Bilder an unserm Geiste vorüber. Das Knappe, keck von einer Situation zur andern Springende entspricht ganz dem Wesen eines Volksliedes, das keine breiten Motivirungen und Ausmalungen liebt. Unter den andern Balladen und Romanzen zeichnen sich durch dramatische Lebendigkeit und Volksthümlichkeit aus ´das Lied vom braven Mann´, ´der wilde Jäger´, ´der Kaiser und der Abt´, während eine Anzahl an das Gemeine streifen und die Würde der Poesie verletzen. Neben den Balladen sind es namentlich seine dem Tone der Volkspoesie sich nähernden Lieder (z. B. das Trinklied: ´Herr Bacchus ist ein braver Mann´, das Dörfchen: ´Ich lobe mir mein Dörfchen hier´), die ihm eine außerordentliche Popularität verschafften. Seine Sonette endlich gehören mit zu dem Besten, was wir in dieser Form haben (eins der ausgezeichnetsten ist überschrieben: ´an das Herz´). Selbst Schiller, der Bürgers Gedichte so hart beurtheilte und eine höhre Richtung in ihnen vermißte, nennt die Sonette ´Muster in ihrer Art, die sich auf den Lippen des Deklamators in Gesang verwandeln.´ “

 

1871

Schwarz, C. W. G. Eduard. Siebente Periode seit 1748.  In: Geschichte der deutschen Literatur. Amsterdam. Digitalisiert von Google

“[S. 79] Gottfried August Bürger, geb. 1748 zu Wolmerswende im Halberstädtischen; von seinem Grossvater zum Studium der Theologie gezwungen, ging er später zu dem der Jurisprudenz und der schönen Wissenschaften über; 1772 durch Boie's Fürsprache Amtmann in Altengleichen bei Göttingen, gest. 1794 als ausserordentlicher Professor zu Göttingen. Durch einen Schurken seines Vermögens verlustig und pecuniärer Lebenssorge ausgesetzt, durch sein Verhältniss zu Molli, der Schwester seiner Frau, die er in Selbsttäuschung befangen geheirathet, in zahllose kleine Verdriesslichkeiten verwickelt, die seine poetische Kraft lähmten, bietet sein Leben nur die Schattenseite eines deutschen Dichterlebens dar. Trotz dieser Hemmnisse, die sich seiner vollen Hingabe an die Interessen der Kunst entgegenwarfen, erscheint er durch Originalität, Innigkeit und Tiefe des Gemüthes wie durch die malerische Kraft des Ausdrucks als der einzige Genius, der aus dem Göttinger Dichterkreise hervorging, mit dem er übrigens, angewidert durch das verlogene Bardenthum und die äussere Nachahmung der Antike, die keiner besser verstanden und verwerthet als Bürger, nur in entfernter Beziehung stand. Trotz Schiller's schwerer Versündigung an dem grossen Manne, den er dem aristokratischen Feinschmecker und Wasserdichter Matthisson nachsetzte, ist Bürger als der eigentliche Sprachbildner der Lyrik anerkannt und steht in der Ballade und im Sonett noch heute unübertroffen da. (´Leonore´, ´Lied vom braven Mann´). Dass Schiller mit Bewusstsein die inkorrekte Stellung gegen Bürger einnahm, geht aus seiner Replik hervor, in der er, als er sich durch Bürgers schlagende Erwiderung in die Enge getrieben sah, Idealisirung bei der Schilderung der Empfindungen betonte und sich zu der Behauptung verstieg, ´die gefühlvollen Lieder eines Denis, Göckingk, Hölty, Kleist, Klopstock, von Salis, seien solche ideale Kunstschöpfungen´, was drei scharfe Entgegnungen Bürger´s ´der Vogel Urselbst´, ´über eine Dichterregel des Horaz´ und ´Unterschied´ hervorrief. Anknüpfend an das Horazische (Art. poet. 99, 100):
         Non satis est, pulchra esse poemata; dulcia sunto
         Et, quocunque volent, animum auditoris agunto.
sagt Bürger in dem zweiten jener Gedichte treffend:
     ´Dieses Geheimniss der Kunst verrieth ein unsterblicher Meister,
     Jedem gelang auch das Lied, der das Geheimniss ergriff.
     Aber seit gestem verstehen die Krämer scholastischer Schönheit
     Jene besiegende Kunst besser als Stümper Horaz.
     Lecke, so will man, die Form nur schönlich; ihr wäss´riger Inhalt
     Mache nicht wohl und nicht weh, schmecke nicht sauer noch süss!´-
Den Ton echter Volkspoesie anzuschlagen gelang Bürger um so leichter, als er vorzugzweise solche Stoffe wählte, in denen sich der Volksgeist, der in seiner Gesammtheit immer poetisch ist, heimisch fühlt (´Lenore,´ ´der wilde Jäger´). Auch bekundet er einen entschiedenen Fortschritt der Poesie im Didaktischen, da bei ihm die trockne, belehrende Tendenz ganz zurücktritt und dem prosaischsten Gedanken durch nahe liegende bildliche Darstellung zum poetischen Leben verholfen wird, wie im ´Blümchen Wunderhold.´ “

 

1871

Friedlaender, Ludwig. Die Philosophie als Erzieherung zur Sittlichkeit. In: Darstellungen aus der Sittengeschichte
Roms [...]. Dritter Theil. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 544] Gegenüber den so überaus zahlreichen Zeugnissen für den Glauben an eine auf dem Willen der Götter beruhende und durch ihn aufrecht erhaltene sittliche Weltordnung, die in der griechischen und römischen Litteratnr überall verstrent sind, beruft man sich auf einige wenige frivole Scherze in Lustspielen und Liebesgedichten, wo Verliebte für ihre Listen und Verirrungen, selbst für Schändlichkeiten das Beispiel Jupiters und andrer Götter zur Entschuldigung anführen, ja sogar auf den Monolog der Byblis in Ovids Metamorphosen, die ihre unnatürliche Leidenschaft für ihren Bruder durch die Geschwisterehe der Götter vor sich selbst zu rechtfertigen sucht! Mit demselben oder noch besserm Grunde könnte man die öfter aufgestellte Behauptung, die schon die christlichen Apologeten des Alterthums in Verlegenheit setzte, daß die Vergehungen der Erzväter und andrer gottgefälliger Männer des alten Testaments als demoralisirende Beispiele gewirkt haben, durch ähnliche scherzhafte oder freche Aeußerungen in der neuern Litteratur zu stützen suchen, in denen sich ´der Teufel auf die Schrift beruft:´ hier sei nur an ein sehr gemeines Gedicht Bürgers (Frau Schnips) erinnert.“

 

1871

Mosen, Julius. Ismael. In: Bilder im Moose, Sämmtliche Werke. Siebenter Band. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 351] Wie ein Besessener, jagte er sich um das Dorf herum oder an der Meeresküste, stürzte aich in die brandenden Wogen, wie eine Möve, oder kletterte auf die höchsten Bäume zu den Horsten der Falken, welchen er in seinem Wesen fast ähnlich war. Gegen Abend kam er gewöhnlich scheu und wild zur Hofthüre wieder hereingeschlichen und kroch zuweilen aus Furcht vor Strafe zu dem Hund in die Hütte und übernachtete mit ihm. So wuchs er heran. Als er jedoch älter wurde, stand er mir oft wochenlang im Schulhalten bei und begleitete mich dann Abends mit seiner Geige, welche er fast von selbst gelernt hatte, zu meinem Spiele auf dem Clavier. Er las mir wohl auch vor aus dem in das Deutsche übersetzten Diodor aus Sicilien, welchen ich von meinem Vorgänger in diesem Pfarramte geerbt, oder aus Bürger's Gedichten, welche ich von Göttingen mitgebracht habe.“

 

1871

Henne-Am Rhyn, Otto. Der Göttinger Dichterbund. In: Kulturgeschichte der neuern Zeit. Zweiter Band. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 586] Der bedeutendste Dichter des Göttinger Vereines ist Gottfried August Bürger, geboren als Pfarrerssohn zu Molmerswende am Harz in der Neujahrsnaht von 1748. Er studirte in Halle und Göttingen und wurde statt Theolog, wie er nach dem Willen seiner Verwandten sollte, 1772 Justizamtmann zu Altengleichen. Eine unbedacht eingegangene Ehe trug er, während er die jüngere Schwester seiner Frau, von ihm ´Molly´ genannt, leidenschaftlich liebte, zehn Jahre lang. Als aber der Tod die Liebenden frei gemacht, wurden auch sie wieder, nach kaum zwei Jahren, durch Molly's Hinschied getrennt. Er war inzwischen nach Göttingen gezogen, wo er als Professor ohne Gehalt lebte und sich 1790 durch den Heirathsantrag eines Mädchens zu der unglücklichsten seiner drei Ehen verleiten ließ, die geschieden werden mußte. Durch lebenslange bittere Sorgen erschöpft starb er schon 1794. Bürger hat das Verdienst, der erste neuere deutsche Dichter zu sein, welcher die lyrische und die kürzere epische Poesie zum Ausdrucke wirklichen wahren poetischen Gefühls erhob. Namentlich sind seine Balladen, zu welchen ihn zuerst Percy's englische Sammlung begeisterte, unvergängliches Gemeingut des deutschen Volkes geworden. Welches Leben, welche Glut, welche fließende, natürliche Sprache, neben allerdings noch gärender Unruhe, noch nicht klar und gesund gewordener Formschönheit, in der Lenore, im Lied vom braven Mann, im wilden Jäger, im Kaiser und Abt, in der ´Kuh´ u. s. w. Weniger bedeutend für die Nachwelt, aber weit vollendeter und immerhin tief und innig, sind seine lyrischen Gedichte, besonders jene an Molly. Bürger ist es auch, der die stets populär bleibenden, durch übertriebenste Lügenhaftigkeit witzigen Abenteuer des Barons Münchhausen nach dem Englischen neu bearbeitete und erweiterte “

 

1871

Anonym. Bürger, Gottfried August. In: Meyers Hand-Lexikon. Erste Hälfte. Hildburghausen. Digitalisiert von Google

“[S. 363] Bürger, Gottfr. Aug., Dichter, geb. 1. Jan. 1748 zu Molmerswende bei Harzgerode, Sohn eines Predigers, seit dem 11. Jahre von seinem Grossvater, dem Hofesherrn Bauer in Aschersleben, erzogen, studirte auf des letztern Wunsch in Halle Theologie, wandte sich dann dem Studium der Rechte und den schönen Wissenschaften zu, seit 1768 in Güttingen, wo er später mit den Dichtern des göttinger Bundes bekannt wurde. Hier, wie schon in Halle, führte er ein wüstes Leben, von dem er sich nicht mehr dauernd frei machen konnte; ward 1772 durch Boies Einfluss Justizamtmann in Altengleichen, schloss 1774 eine unglückliche Ehe, da er eigentlich die Schwester seiner Frau (Molly) liebte, gab 1789 seine Stelle auf, lebte als Docent an der Universität zu Göttingen, ward 1789 Prof. das., aber ohne Gehalt; fristete sein Leben in Noth und Elend, das durch Schillers Kritik seiner Gedichte (1791) wesentlich gesteigert ward; gest. 8. Juni 1794. Bedeutend durch die volksthümliche Richtung seiner Poesie, namentlich in seinen Balladen (zuerst ´Leuore´ 1774, angeregt von Percys Sammlung altengl. Balladen) und Liedern; die Sonette (die ersten deutschen seit Gottsched) erhielten selbst Schillers Lob. [...] Die ihm zugeschriebenen ´Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen` (1787) sind nicht von ihm.“

 

1871

Fahle. Über die deutsche Ballade. In: Neue Jahrbücher für Philologie und Paedagogik. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 420] Schiller hat Bürger bekanntlich sehr ungünstig recensiert, er hat ihm namentlich vorgeworfen, dasz er es auszer acht gelassen habe, dasz der dichter nicht zum volke herabsteigen, sondern das volk zu sich erheben müsse. ich weisz nicht, ob man sich diese worte Schillers recht gedeutet hat; es will mir scheinen als habe man sie wie eine recensentenphrase zu wenig beachtet. sollte Schiller nicht die beibehaltung der naiven volksauffassung auf seiten Bürgers im auge gehabt, und diese somit tadelnd verworfen haben? Schillers geistesrichtung ist mit einer solchen ansicht ganz in übereinstimmung, und seine balladenspecies damit im einklange. Schiller verhält sich nemlich durch diese seine balladenart zu Bürger, wie Goethe zur alten volksballade. Schiller gibt also die sangbare form auf und auch die naive auffassung. man hat oft gesagt, der dichter habe in seiner ballade sittliche maximen, ethische probleme illustrieren wollen, und das sei die eigentümlichkeit seiner auffassung, aber ich glaube nicht so recht an diesen gewis nur von der oberfläche geschöpften unterscheidungsgrund. im kampf mit dem drachen hören wir freilich die tendenz ´gehorsam ist des christen schmuck´, wie im taucher ´und der mensch versuche die götter nicht und versuche nimmer und nimmer zu schauen, was sie gnädig bedecken mit nacht und grauen´ und ähnliches in anderen gedichten dieser art, im siegesfeste tritt uns dagegen eine ganze reihe von sentenzen entgegen, während der handschuh ziemlich leer davon geblieben ist. ganz gewis illustriert Schiller in seinen balladen sittliche probleme, aber dadurch wird die ballade eher zum lehrgedicht: wir werden nicht fehl gehen, wenn wir die ansicht aufstellen, Schiller behandelt die geschichtliche anekdote balladenartig, und um den unbedeutenden stoff zu erheben, oder um den spröden flüssig zu machen, belebt er ihn mit dem ganzen ernste seines gedankentiefen und tiefsittlichen geistes. unter den tausend und abertausend balladen, die wir vor und nach unseren dichterfürsten erhalten haben, ist der beiweitem gröste teil unbrauchbar, weil die anekdotenartigen stoffe nicht so belebt sind, wie es ein Schiller vermochte. auf der andern seite, zu welchen dichtgattungen soll man das eleusische fest, die klage der Ceres und einige andere zählen? man nennt sie gewöhnlich culturhistorische lieder: weshalb denn nicht Schillersche balladen in specifisch Schillerscher manier? Schiller steht offenbar dem alten balladenbegriffe am fernsten und seine nachfolger haben deshalb auch meist ungenügendes vollbracht, weil sie nicht den geist ihres meisters hatten. Schiller ist überall der ewige prediger der menschheit, hierfür wählt er alle formen der darstellung, das lied, die ballade, das drama: er begrenzt stoff, form und hörer. wehe dem aber, der mit ungenügenden geistigen mitteln ein gleiches versucht. auch der glühendste verehrer der Schillersehen musze musz [!] zugestehen, dasz der dichter trotz der glänzenden leistungen von Goethe und Bürger in falscher weise zu dem überwundenen standpuncte der vor- Herderschen romanze oder, wie sie allmählich immer mehr genannt wurde, ballade zurückkehrte und seinen misgriff nur durch seine glänzende begabung verdeckte. durch diese ansieht wird sich vielleicht der ausspruch von H. Kurz ´das höchste in der volkstümlichen ballade hat Goethe erreicht, so wie Schiller in der romanze unübertrefflich und unübertroffen ist´ rectificieren lassen.“

 

1871

Birlinger, A. Zur Literatur der Trauercarmina beim Tode Maria Theresia's. Wien, 17. Dec. 1780. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Braunschweig. Digitalisiert von Google

“[S. 350] Vor einigen Tagen kam auch ein Gedicht in die Censur, das mit den Worten anfing: So hat Theresia denn auch ins Grab gebissen. Der Censor gab es mit den Worten zurück: Der Autor hat ins Heu gebissen. Eben erhalte ich wieder ein neues Gedicht auf den Tod Theresiens, von F. T. v. S. D., welches unter andern folgende Reime enthält:
   Du alter Mond hast's schlecht gemacht,
   Das Gut all wurd' in jener Nacht
   Nicht von dem Knochenmann geschont -
   Bin herzlich gram dir alter Mond;
   So kalt und hölzern stundst du da
   Und sahst es nicht was uns geschah -
   Ach weg man uns die Mutter nahm -
   Bin alter Mond dir herzlich gram.
Der Dichter Bürger hat überhaupt bey unsern jungen Leuten viel Glück gemacht; verschiedene von unsern Gelegenheitsgedichten sind in seiner Manier geschrieben, aber freylich sind es Nachahmungen. Auf Klopstocken, Göthen, folgt jetzt Bürger.“

 

1871

S. Ein Jubelfest im Norden. In: Die Gartenlaube, Nr. 31. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 519] Um dieselbe Zeit erschien das erste Erzeugniß seiner [Walter Scotts] Feder schwarz auf weiß gedruckt, und wir dürfen es uns schon zur Ehre anrechnen, daß die deutsche Literatur es gewesen ist, die seine Dichterschwingen entfaltete. Deutsch zu lernen begann damals in England Mode zu werden. Auch Scott gab sich diesem fashionablen neuen Studium hin, welches rasch seine Seele gefangen nahm. Unter der Anleitung einer hochgebildeten und poetisch empfänglichen Deutschen, einer Gräfin Brühl, die einen seiner Verwandten geheirathet hatte, las er Goethe und Schiller - Werther, Götz, Don Carlos - ja, er wagte sich sogar an Kant heran. Vor Allem gefesselt aber fühlte er sich von Bürger. Das war eine ihm verwandte poetische Natur. Der Volkston, welchen dieser in seinen Balladen so voll und rein angeschlagen hat, wie kaum Jemand vor und nach ihm, traf die gleichschwingende Saite im Herzen Walter Scott's. Allein nicht blos empfangen wollte er, er wollte wiedergeben, Anderen mittheilen, was ihn so gewaltig gepackt hatte, und so übersetzte er, mit Beihülfe seiner deutschen Freundin, die ´Leonore´ uud den ´wilden Jäger´, denen später noch eine vollständige Übertragung von Goethe's Götz von Berlichingen folgte.“

 

1871

Anonym. Vermischtes. In: G. W. Körner's Urania. Musik-Zeitschrift für Alle. Nr. 5. Erfurt. Digitalisiert von Google

“[S. 79] Wie man nolens volens zu einer Frau kommen kann.
 Der berühmte Flötist Quantz, Lehrer Friedrich des Großen, setzte nach dem Tode seines vertrauten Freundes, des Schauspiel-Direktors Schindler in Dresden, die freundschaftlichen Besuche bei der trauernden Wittwe fort. Er fand diese eines Tags ernstlich erkrankt; der herbeigerufene Arzt befürchtete das Schlimmste, und als bald darauf der Beichtvater ihr die Sterbesakramente reichte, ließ sie Q. durch denselben bitten, ihr als letztes Geschenk seinen Namen mit ins Grab zu geben. Quantz, gutherzig und nichts Arges ahnend, willigte in die Formheirath, der Priester nahm die Trauung vor, und - ehe sich Q. von der Aufregung besinnen konnnte, - hing eine kerngesunde Frau an seinem Halse, welche ihm die zärtlichste Liebe betheuerte. Diese 1737 erfolgte Heirath scheint indeß für ihn keine glückliche gewesen zu sein; die hier sehr drastisch zur Geltung gelangte Weiberlist, die nach Bürger ´über Alles geht, wie ihr wißt´, spricht wohl nicht dafür; auch ist die Ehe kinderlos geblieben.“

 

1871

Heim, Theodor. Ungarische Musik in deutschen Meistern. In: Musikalisches Wochenblatt, 20. October. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 673] Thomas Percy war es, welcher in seinem Buche ´Reliques of ancient English poetry´ - zuerst 1765 gedruckt - einen wahren Schatz der schönsten altenglischen Volkslieder und Balladen der Vergessenheit entrückte. Die Rückwirkung auf die bahnbrechenden dichterischen Geister unserer Nation war ausserordentlich. Sie äusserte sich vor Allen in Bürger und Goethe: nicht nur, dass diese Dichter nun selbst auf das Eifrigste nach den verloren gegangenen oder vergessenen Nationalgesängen - namentlich des deutschen Mittelalters - forschten, so waren sie es auch, die durch ihre eigenen Dichtungen den Geist des Volksliedes neu belebten, dasselbe als eine berechtigte Kunstgattung in die Literatur einführten und dadurch - namentlich auch in ihren späteren Nachfolgern Uhland, Hoffmann v. Fallersleben, Heine, Chamisso, Eichendorff u. s. w. - einen unberechenbaren Umschwung der Kunstanschauung auf jeglichem literarischen Gebiete vorbereiteten.“

 

1871

F. St. Biographisches - Hector Berlioz. In: Musikalisches Wochenblatt, 21. Juli. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 472] Ueberblickt man Berlioz' Schöpfungen nach Seite ihres Inhalts, so gewahrt man im Ganzen eine Vorliebe für phantastische, gigantische, ungeheuerliehe Stoffe. Es ist dies auch ein Punct, der sich dem Verständniss Berlioz', der Möglichkeit, sofort Sympathien zu gewinnen, hindernd entgegenstellt. In dieser Beziehung erscheint er als ein Kind seiner Zeit; ´seine Jugend fällt mitten in die Periode des romantischen Fiebers, welches Frankreich aus der deutschen und englischen Literatur aufgenommen hatte, in dem es bald aus Byron, bald aus Hoffmann, bald aus Bürger, bald aus Me. Radcliff jene Scenen der Zerrissenheit und des Schauderns, jene verzweifelten und furchtbaren Charaktere, jene Neigung für verlassene Schlösser, jene Schilderungen excentrischer Leidenschaften, unversöhnlichen Hasses, diabolischer Liebe, reueloser Gewissensbisse, Flüche und Verwünschungen entlehnte.“

 

1871

Oeser, Christian. Siebenundfünfzigster Brief. In: Briefe an eine Jungfrau über die Hauptgegenstände der Aesthetik. Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 467] Noch ist Bürger zu erwähnen, vielleicht unter den Göttinger Dichterfreunden der begabteste, allein auch der unglücklichste, weil er, so lange er lebte, seine Seele nicht zur Ruhe bringen, mit dem Geiste seiner Sinnlichkeit nicht Herr werden konnte. Lesen Sie über ihn Schiller's allerdings sehr harte und strenge, doch im Wesentlichen begründete Recension und was in der Geschichte der deutschen Poesie gesagt wird, ehe Sie seine Gedichte zur Hand nehmen, unter welchen übrigens viele ausgezeichnet sind. Die ´Lenore´ ist die Krone aller deutschen Balladen; sie vereinigt mit vollkommenster Harmonie der Composition, mit unübertrefflicher Schönheit des Ausdrucks, dem, wie es einer Ballade geziemt, an rechter Stelle der musikalische Klang und die Schallnachahmung nicht fehlt, - die volksthümlichste Kraft, die ergreifendste Lebendigkeit, so daß sie auf jeden Leser, auch auf den einfachsten, eine große und erschütternde Wirkung übt. Bürger hat den unter allen germanischen Stämmen wiederkehrenden Volksglauben, wornach die Verlobte ihrem todten Geliebten so lange nachweint, bis dieser kommt, um sie - zum Todtenacker abzuholen, benutzt, er hat das
     ´Es scheint der Mond so hell,
     Die Todten reiten schnell´
bereits vorgefunden; aber was hat er mit der Fülle seiner poetischen Kraft und Kunst aus diesem Stoffe gemacht? Er führt uns ein ganzes Drama, eine Tragödie vor die Seele, worin jeder Vers eine Scene ist, jede die andere vorbereitet, des Lesers oder Hörers Theilnahme mit der tragischen Entwickelung bis zum Schauer und Entsetzen steigert, und dennoch das grausige Walten der Naturmacht der Liebe in das höhere sittlich-religiöse Gebiet hinaufhebt, da die Lenore in der Wildheit ihrer Leidenschaft mit Gott selber hadert und den Vorstellungen der frommen Mutter nur das Recht ihrer Leidenschaft entgegenhält. So wird die Schlußscene auf dem Gottesacker zu einem jüngsten Gericht:
     Nun tanzten wohl bei Mondenglanz,
     Rundum, herum im Kreise
     Die Geister einen Kettententanz
     Und heulten diese Weise:
     Geduld, Geduld, wenn's Herz auch bricht!
     Mit Gott im Himmel had're nicht!
     Des Leibes bist du ledig,
     Gott sei der Seele gnädig!
Wir Deutsche können stolz darauf sein, daß wir eine Sprache besitzen, die solcher Fülle und Kraft des Ausdrucks, solchen Klanges und Wohllautes fähig ist - und daß wir Dichter besitzen, welche die herrlichen Schätze unserer Muttersprache zu heben verstanden. Und doch waren alle die genannten ruhmvollen Namen: Bürger, Klopstock, Lessing, Wieland, Herder nur die Vorboten, um einem noch Größeren die Bahn zu bereiten, einem Dichter der jeden Vergleich, auch mit den Sängern Griechenlands aushält, Wolfgang Goethe. “

 

1871

Anonym. Hodge-Podge. In: Beilage zur Wiener Kirchenzeitung vom 4. März. Digitalisiert von Google

“[S. 137] Im Dorfe des Trostes und der Erfreuung angekommen fühlt der Eremit als echtes Adamskind jenes Verlangen, Getränke in sich aufzunehmen, welches man Durst nennt. Da er müde und die Hitze groß ist, so kann es Niemand übelnehmen, wenn sich seinem forschenden Geiste die Fragen aufdrängen: Wie wäre der Durst zu löschen? Wo ist im Dorfe das grand hôtel du Louvre? Wo wäre ein Glas erfrischenden Getränkes zu bekommen? Außer Stande selbst diese Fragen aufzulösen
   Er schickte nach ein, zwei, drei, vier Un’vers’täten
   Er fragte bei ein, zwei, drei, vier Facultäten
   Er zahlte Gebühren und Sportuln vollauf
   Doch löste kein Doctor die Fragen ihm auf.
Da kommt aber ein schlichter Landmann und sagt:
   Versteh' ich gleich nichts von lateinischen Brocken
   So weiß ich den Hund doch vom Ofen zu locken
   Was ihr euch Gelehrte für Geld nicht erwerbt
   Das hab' ich von meiner Frau Mutter geerbt.
Der Landmann zeigt dem Eremiten das Hotel, in welchem dieser ein in der That vortreffliches Bier findet, von dem er sich ein Glas ernstlich zu Gemüthe führt.”

 

1871

Hackländer, Friedrich Wilhelm. Siebentes Kapitel. In der sechsten Wendung, Tannen und Fichte. In: Geschichten im Zickzack, Zweiter Band, Stuttgart. Digitalisiert von Google

“[S. 16] Der schuldbewußte Flügeladjutant Seiner Majestät spürte jetzt etwas echte Verlegenheit, doch wußte er diese unter einem ganz harmlosen Lächeln zu verbergen, worauf der Andere fortfuhr, nachdem er den Dragoneroffizier mit seinem Zeigefinger leicht auf die Brust getippt: ´Wie heißt es doch in jenem Gedichte von Bürger, welches uns in unserer Jugend so sehr geläufig war, ´Lenardo sah hin, Blandine sah her?´
  ´Nun, wen Euer Excellenz unter Lenardo verstehen, kann ich mir allenfalls denken, aber Blandine?´ antwortete der Major in einer leicht begreiflichen Spannung, denn er fürchtete Anspielungen zu hören, die ihm namentlich im Munde des alten, geschwätzigen Obersthofmeisters äußerst unangenehm gewesen wären.
  ´Es ist die schönste der Damen, die dienen Euch,´ wie der leichtsinnige Page in den Hugenotten singt, eben so jung als schön.
Dem Flügeladjutanten rollte eine schwere Last von der Brust, und diese Erleichterung war wohl Schuld daran, daß er mit einem beifälligen Lächeln vor sich niederschaute, einem Lächeln, welches der Obersthofmeister als ein stummes Geständniß nahm und deßhalb vertraulicher fortfuhr: ´Aufrichtig gesagt, mein lieber Graf Wieneck, wenn Sie mein Sohn wären, was den Jahren nach -´
  ´Unmöglich ist, Excellenz.´
  ´Nun, lassen wir das gut sein, selbst wenn Sie also mein Sohn wären, würde ich zu dieser Neigung Ja und Amen sagen.´
  ´Aber ich weiß in der That noch nicht, wen Euer Excellenz unter Blandine verstehen?´
  ´Die schönste der Damen, die dienen Euch,´ wiederholte der Obersthofmeister mit aufgehobenem Zeigefinger.[...] ´Lenardo sah hin, Blandine sah her, das Letztere haben Sie vielleicht nicht immer bemerkt, aber Unsereiner, welcher schon des Dienstes halber seine Augen überall hat, bemerkte schon sehr häufig, mit welchem unverkennbaren Interesse die schöne Ferrner, eine Perle unter den Hofdamen, ein Ehrenfräulein in der richtigsten Bezeichnung des Wortes, ihre Blicke auf dem interessanten Dragoneroffizier ruhen ließ - haben Sie etwas Vernünftiges dagegen einzuwenden?´”

 

1871

Wülcker, Richard Paul. Brief vom 10. Jänner 1871. In: Fünfzig briefe aus den jahren 1870 und 1871, Frankfurt a. M. Digitalisiert von Google

“[S. 24] Es ist morgens 6 uhr. Der tambour wirbelt vor der hauptwache seine reveille, dass es weithin schallt, im goldnen Schwanen, zimmer Nr. 7, hört man lautes schnarchen. Der rüstige fuhrmann rasselt mit schwerbeladnem wagen vorbei, der muntere schiffer rudert auf dem Rhein, das leben auf der strasse erwacht und Leonore fährt ums morgenroth, auf zimmer Nr. 7 hört man noch immer schnarchen.”

 

1871

Anonym. Deutschland. In: Landshuter Zeitung, Sonntag 9. Juli. Digitalisiert von Google

“[S. 725] Preußen. Die ´Köln. Volksztg.´ schreibt: ´In Nord und Süden, in Ost und Westen kehren die Kriegsschaaren aus Frankreich heim, mit jubelnder Freude eingeholt und geleitet in die reich geschmückten Städte und Städtchen. Wie paßt da so trefflich die Schilderung, die einer der ersten deutschen Volksdichter von dem Einzugs der Kriegsschaaren vor hundert Jahren entwirft:
      Und jedes Heer mit Sing und Sang,
      Mit Paukenschlag und Kling und Klang,
      Geschmückt mit grünen Reisern,
      Zieht heim zu seinen Häusern.
Bald werden, Dank dem überaus günstigen Erfolge der französischen Anleihe, auch die letzten Kriegsschaaren ihre Heimath wiederschauen, zur Freude der Ihrigen, zur Freude des Vaterlandes.”

 

1871

Anonym. [ohne Titel]. In: Neue Böse Zungen, 22. Juli. Digitalisiert von Google

“[S. 251] Und jetzt war Julius noch gar nach Italien gereist
    ´Und hatte nicht geschrieben,
     Ob er gesund geblieben.´
Frl. Preveaux ließ sich unter einem Regenschirm sitzend, fotografiren, eine sinnige Allegorie der Thränenströme, welche sie vergoß. Ich gab ihr den Rath sich aus den Blumen des schwärmerischen Millionärs einen Salat mit Cyankali anzumachen oder sich mit einem - dritten, zu trösten.
   Aber ich muß ihr das Zeugniß geben, daß sie sich nicht so leicht getröstet hat, nämlich erst beim - siebenten.
             Rupertus”

 

1871

Salingré, Hermann. 1. Scene. In: Guter Mond, du gehst so stille! Posse mit Gesang, in 1 Akt, Berlin. Digitalisiert von Google

“[S. 3] Was kann's aber helfen? Geduld, Geduld, wenn's Herz auch bricht, sagt man von der ums Morgenroth gefahrenen Lenore. (Sieht nach der Thür rechts.) Schon wieder die Ladenthür offen, und von den beiden Commis keine Spur.”

 

1871

Mühry, A. Zur Deutung des Wetters in unseren Gebirgen. In: Zeitschrift der Österreichischen Gesellschaft für Meteorologie, 1. September. Digitalisiert von Google

“[S. 293] Es wird bereitwillig von den wissenschaftlichen Meteorologen zugestanden, dass sie, was die Vorausbestimmung des Wetters aus der Deutung gewisser localer Wetterzeichen betrifft, einen einfachen aber erfahrenen Empiriker in einer diesem heimischen Gebirgslandschaft gerne als ihren Meister anerkennen; ja in dieser Hinsicht wird auch mancher hochgebildete Grundbesitzer die Anwendung des populären Balladenverses auf sich gelten lassen: ´doch Schade, sein Schäfer war klüger als er.´
    Indessen dies bezieht sich allein auf die Vorausbestimmung der Witterung in einer heimathlichen Berggegend im Sommer aus gewissen localen Zeichen im nahen Umlande, nicht aber auf die allgemeinere Beurtheilung der ganzen zu einer Zeit bestehenden Meteoration in weiterem räumlichen und zeitlichen Umfange.”

 

1871

Anonym. Knospen aus dem politischen Frühlinge des Jahres 1871. In: Süddeutsche Post, 4. Mai, München. Digitalisiert von Google

“Damit möge einstweilen der Vorhang fallen; denn die ewigen Darmverschlingungen des österreichischen Kaiserstaats und die Kriegserklärung des Republikaners Castelar an den spanischen König liegen für diesmal allzuweit von uns ab. Hoffentlich kommt es doch irgendwie zu einem vorläufigen Entscheide; der Friede wird endlich einmal befestigt werden und unsere tapferen Truppen wenden sich dann wieder ihrem geliebten Vaterlande zu.
     Und jedes Heer mit Sing und Sang
     Mit Paukenschlag und Kling und Klang
     Geschmückt mit grünen Reisern
     Zieht heim zu seinen Häusern.
Unterdessen kocht auch die Hitze des Sommers noch einige Dinge aus, und wir können nach einiger Zeit wiederum fragen, ob wir noch und wie wir stehen.”

 

1871

Anonym. [o. T.] In: Puck, 11. Sept. München

“[S. 198] Um diesen Satz auszusprechen bedarf es in der That keines Herrn Thiers, - das hat der Dichter vom Abt von St. Gallen ungleich wirksamer gesagt mit seinem:
   Der Mann, der das Wenn und das Aber erdacht,
   Hat sicher aus Häckerling Gold schon gemacht.”

 

1871

Anonym. Offene Fragen an's Cultusministerium. In: Regensburger Morgenblatt, 05.05.

“Hohes Ministerium meint selbst, daß solche Gefährdung nur eintrete, ´falls die definirte Machtstellung des Papstes auf gewissen Gebieten in der That verwerthet wird.´ Die Gefahr ist also nur eine bedingte.
  Wer das Wenn und das Aber erdacht,
  Hat wahrlich aus Häckerling Gold schon gemacht.
Nach Umständen auch ´Gefährdungen´ aus - Gespenstern.”

 

1871

Der Pensionist. Lenzes -Elegode. In: Böse Zungen, 7. Jänner

“[S. 212] Lenzes -Elegode.
Lang schon gern wie Bürgers Leonora
Wär' ich früh gefahren um Aurora.
Aus dem bald zu warmen Federpfühle,
Doch war mir die Witt'rung noch zu kühle.

Jetzt singt seit dem Fünfzehnten die Lerche,
Fröhlich hüpft das Lämmlein aus dem Pferche,
Und auch ich will nach des Winters Tagen
Wieder einmal mich ins Freie wagen.

            [...]”

 

1871

Erschienene Neuigkeiten des deutschen Musikalienhandels. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, 1. Juli 

“[S. 1955] Jungmann, A. Op. 294. Schnurre Rädchen, schnurre! Spinnelied f. Pfte. 54 kr.”

 

1871

Bielitz-Biala, 2. Aug. In: Silesia, Teschen, am 5. August 

“[S. 387] Auf der Lipniker Anhöhe hinter der Stadt pflegten gewöhnlich ein, bisweilen auch zwei sogenannte blinde Passagiere der Ankunft des ´Schwagers´ zu harren, die kühnsten Turner und Seilkünstler zum Trotze sich auf den Kasten schwangen und - hopp, hopp, gings im sausenden Galopp, die arme Mähre schnob, der Kiesel Funken stob - bis zur nächsten Schnapskneipe, wo die Reisenden ihre Passagiergebühr entrichteten.”
 

1871

Anonym. Der Truppeneinzug in München. In: Bayerischer Kurier, 18.07.

“[S. 1983] Das Vaterland zahlt freilich für die Wunden, aber nicht allzuviel; auch manche ´Lenore´ lief den Zug wohl auf und ab und frug nach hundert Namen, doch keiner war, der Antwort gab, von Allen, so da kamen -´”
 

1871

Karlsruher Nachrichten : Specialorgan für Lokalangelegenheiten 3.2.

"Humoristisches.
Oeffentliche Erklärung.
Ich erkläre hiermit, daß die zweimalige Ermahnung:
   'Geduld, Geduld, wenn's Herz auch bricht,
   Mit der Landeszeitung had're nicht —'
in Nr. 26 und 27 der bad. Landeszeitung, nicht mir, sondern den Abonnenten der Landeszeitung gilt.
   Bürger's Leonore."

 

1871

Karlsruher Nachrichten 12.4.

"Briefkasten.
Herrn M—r. Für diverse Einsendungen herzlichen Dank; aber: 'Geduld, Geduld, wenn's Herz auch bricht, ob der Verzögrung hadre nicht!' endlich werden auch Sie an die Reihe kommen. Weßhalb denn gleich die Freundschaft kündigen?"

 

1871

Nachrichten für Stadt und Land : Oldenburger Zeitung für Volk und Heimat 23.12.

"'Was scheert mich Weib, was scheert mich Kind'; mit dem kleinen Gerd Hinnerk ists abermals Nichts. Wüthend hämmert er an die Bettschotten. 'De Koh hett'n Bull'n kregen, de Mudde hett man e n Borg, de Kluckhenne loppt mit luter Hahns herum und unse Mette hett all wedder'n Dern!'
'Knapp, sattle mir mein Dünenroß, ich muß mir Ruh erreiten.'"

 

1871

Anzeige. In: Hamburger Fremdenblatt 20.6.

variete_lenore_1871

 

1871

Anzeige. In: Schweinfurter Tagblatt 26.1.

1871 26 01 Schweinfurter Tagblatt

1871

Anzeige. In: Gemeinde-Zeitung unabhängiges politisches Journal 7.2.

1871 Gemeinde-Zeitung unabhängiges politisches Journal 07 02

1871

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt 29.1.

1871 Leipziger Tageblatt 29 01

1871

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt 27.6.

1871 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 27 06

1871

Anzeige. In: Rumburger Zeitung 11.10.

1871 Rumburger Zeitung 11 Oktober

1871

Anzeige. In: Salzburger Zeitung 11.7.

1871 Salzburger Zeitung 11 07

1871

Anzeige. In: Der sächsische Erzähler 22.04.

1871 Der sächsische Erzähler  22.04.

1871

Anzeige. In: Elbeblatt und Anzeiger 04.08.

1871 Elbeblatt und Anzeiger 04.08.

1871

Anzeige. In: Erzgebirgischer Volksfreund 01.09.

1871 Erzgebirgischer Volksfreund  01.09.

1871

Anzeige. In: Erzgebirgischer Volksfreund 25.08.

1871 Erzgebirgischer Volksfreund  25.08.

1871

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 27.06.

1871 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 27 06

1871

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 29.01.

1871 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 29.01.

1871

Anzeige. In: Sächsische Dorfzeitung 22.08.

1871 Sächsische Dorfzeitung  22.08.

1871

Anzeige. In: Marburger Zeitung 01.11.

1871 Marburger Zeitung 01.11.

1871

Anzeige. In: Fränkischer Wald. Kronacher Zeitung. 07.02.

1871 Fränkischer Wald. Kronacher Zeitung. 07.02. anz

1871

Anzeige. In: Fränkischer Wald. Kronacher Zeitung. 07.02.

1871 Fränkischer Wald. Kronacher Zeitung. 07.02. txt

1871

Anzeige. In: Rosenheimer Anzeiger 05.03.

1871 Rosenheimer Anzeiger 05.03.

1872

Heller, Seligmann. Bürger, Schiller und Goethe als Lyriker. In: Jahres-Bericht über den Zustand der Prager Handels-Akademie während des Studienjahres 1871-72.

["S. 5] G. A. Bürger gehört zu den eigenartigsten, selbstständigsten und bedeutendsten Dichternaturen, die jemals auf deutschem Grund und Boden gewachsen sind, in ihm ist jene seltene Vereinigung von Genius und Wissen, die jenen kräftigt und dieses adelt, ohne dass darum das Vollblut des Poeten durch die leiseste Anwandlung von Reflexion verfälscht oder in seinem raschen Erguss durch die Adern im Entferntesten gehemmt würde. Die liebenswürdigste Bescheidenheit und ein oft Horazisches Bewusstsein paaren sich in ihm zu imposanter Kraftfülle, die, wie sie unwillkürlich aus dem reichen Gemüthe strömt, dem eigenen Geiste als eine höhere Selbstoffenbarung aufgeht. Dabei schafft er nicht in der ersten wilden Gluth und im bacchischen Taumel der Begeisterung. Wie bei seinem römischen Muster herrscht die klarste Besonnenheit mitten in seinem kühnsten Schwunge, er hat die feinsten Gesetze der Sprache ausprobirt und ausgekostet, und wie bei jenem Sybariten, dem ein auf sein Lager gefallenes Rosenblatt den Schlaf raubte, darf nicht ein Athemzug die Harmonie seiner Gesänge trüben; er feilt und modelt, er wählt und verwirft, er häuft Variante auf Variante, bis er das entscheidende Wort, den richtigen Reim, das treffendste Bild gefunden. Was ist das dann aber auch für ein Prachtbau in seinen Versen, wie ungezwungen und gleichsam· sich selbst singend und sagend erscheinen diese Strophen! Er erinnert hierin lebbaft an Heinrich Heine, der bekanntlich seine reizendsten Lieder vielfach umgearbeitet und erst nach langem Prüfen und Suchen das Rechte sich angeeignet hat. Er erinnert andererseits wieder an Horaz, der es ja irgendwo ausspricht, wie man dem leichten und graciösen Fluss der besten Verse es am wenigsten ansieht, welche Mühe, welchen Schweiss und welches Wechselfieber von Gluth und Frost sie dem Autor gekostet. Aber G. A. Bürger, kräftiger, gesinnungstüchtiger als Horaz und ohne Spur von der Frivolität Heine's, erreicht das Ideal von Jenem (quod monstror digito praetereuntium Romanae fidicen lyrae) durch die allgemeine Volksliebe und erlaubt sich die tollsten Sprünge des Humors wie dieser ohne die Gesinnungslosigkeit Beider. Er ist ein Mann, ganz Ernst und Charakter, fest auf den eigenen Füssen, einstehend und voll zahlend für jeden seiner Fehler, keine Regung an sich verschweigend, weil er sich keiner einzigen zu schämen hat; diese ehrliche Treuherzigkeit, dieser offene Biedersinn hat ein Recht, uns sein ganzes Innere klar zu entfalten, denn es ist nichts Falsches, keine Krümme und keine Halbheit darin. [...] Den obersten Rang in Bürgers Lyrik nimmt die Liebe und zwar  seine Liebe ein. Sie ist stark, von kernhafter Sinnlichkeit, von einer Gluth, wie sie nur die Kraft tüchtiger Männlichkeit einzuhauchen im Stande ist. Nur die Alten haben noch so naiv und energisch diesen holden Drang dargestellt; aber sein eigener Busen hegte eine lohende Flamme, die, ihn selbst verzehrend, darin aufsteigt. Alles nach dieser Richtung Gedichtete trägt den Stempel hoher und höchster Vollendung. Da ist vor Allem die götterhafte, wunderbare Nachtfeier der Venus zu nennen, mit einem Zauber, einer Musik der Sprache, einem Glanz der Bilder, einer Pracht der Rhythmen, wie sie Schiller wohl äusserlich erreicht, mit nichten aber jene Zartheit, jenen Schmelz, jene seelische Hingebung an die allbezwingende , Alles in magischen Banden haltende Göttin. Man vergleiche einmal damit Schillers Triumph der Liebe, den er, wie Bürger seine Nachtfeier, als zwanzigjähriger Jüngling gedichtet, und der ganze Unterschied beider Dichter wird sofort klar. Bürger bewegt sich da auf seinem eigensten Gebiete, er schmiedet und hämmert an dem ungefügen Erz der Sprache und entlockt ihm die süssesten herzbestrickenden Töne, stolz wie ein Schwan wiegt er sich auf den schwellenden Fluthen des reinsten Wohllauts.

[S. 6] In Bürger's Liebesgedichten nehmen jedoch die unsterblichen Molly-Lieder unser Hauptinteresse in Anspruch. Keine Nation der Welt, nicht die feurigen Italiener, nicht die leicht-und heissblütigen Franzosen, haben etwas aufzuweisen, was nur im Entferntesten mit diesen kostbaren Perlen deutscher Lyrik zu vergleichen wäre. Die Thränen des grossen Dichters mögen oft auf das Blatt gefallen sein, auf welches er seine Sehnsucht, sein unaussprechliches Glück und Elend, seine Wonne und seine Verzweiflung mit zitternder Hand und in so brennenden Farben malte. Diese Liebe war nach Gesetz und Herkommen eine verbrecherische, er und sie wehrten sich Anfangs dagegen; aber sie war bestimmt, ihm die Dichterkrone, wie in Höllenflammen glühend, aufs Haupt zu drücken, wenn sie auch für kleine Seelen ihm ein unauslöschliches Brandmal auf der Stirne zurückliess. Was sind das für Töne! welche Wahrheit, welche Kraft! In dieser Weise hat die Poesie noch nie das innerste Verlangen ausgesprochen, wird sie es nicht weiter aussprechen. Das erste Aufflackern dieser Leidenschaft, das beiderseitige Widerstreben, das Verzehrende dieses Kampfes, das Sichwiederfinden dieser Liebenden, ihre Seligkeit, Molly's Werth, Molly's Schönheit und Treue, das süsse Kosen, ihre plötzliche Reue, wie sie sich losreissen will, ein Aufschrei seiner ganzen Natur in den Accenten der tiefsten Tragik, ihr Wiederkommen, neue entzückende Lust, ihre Vermählung, wo in hochherrlichen Hymnen der Dichter den Lorbeer der Vollendung sich selbst um die Schläfe windet, und endlich ihr frühzeitiger Tod, sein dumpfes Herumirren, seine schmerzenvolle Klage, seine Verlassenheit - das sind wahrlich ganz andere Lieder und Reime als die wohlgedrechselten Sonette und Canzonen eines Petrarca oder als Schillers unreife Erotik. Nur in den Liederfragrnenten der Sappho begegnen uns ähnliche Accente, und einige wenige Elegien des Tibull athmen etwas von dieser Zartheit und Lieblichkeit. Auch Sonst feiert Bürger in einer Menge der köstlichsten Gedichte die Macht der Liebe, bald tändelnd und schäkernd, bald innig und fröhlich, bald heiss und schmachtend, bald in ruhiger Betrachtung - immer weiss sein unermüdlicher Pinsel uns mit neuen Gestalten und Phantasien zu berücken, immer der Sprache jenen prometheischen Funken einzuhauchen, der vor ihm unserer gesammten Poesie fehlte. Und auch nach Bürger ist ein Gedicht wie Schön Suschen nicht weiter gemacht worden. Eine solche Harmonie in Wort, Wendung und Gedanken, ein so edler und reiner Rhythmus, eine solche Meisterschaft bei solcher kindlicher Einfachheit ist selbst Goethen nur in den seltensten Fällen gelungen, bei Schiller wird man solche Vorzüge vergebens suchen.

[S. 7] Seine Lenore zündete wie ein Blitz die Gemüther in Deutschland; sie rief wie mit einem Zauberschlage , wie mit jenem Gertenschlage Wilhelms darin, dem sich der Friedhof aufthut, die Geister der Volkssage wach, die tief im deutschen Gemüthe schlummerten und fest darin wurzelten, sie gab den Poeten ein neues unübersehbares Feld grossartiger schaffender Thätigkeit. Allerdings verfällt Bürger oft ins Abenteuerliche, ja in vereinzelten Fällen ins Platte und Rohe, dafür ist er aber wieder ins Volk gedrungen wie Keiner vor und nach ihm. Sachen wie die Lenore, der Kaiser und der Abt, das Lied vom braven Mann, die Weiber von Weinsberg, die Kuh u. a. gehören zu dem Uuübertrefflichen, zu dem Eigensten, nicht weiter Nachzuahmenden der Bürger'schen Muse, es sind unvergängliche Kunstwerke. Seine Frau Schwips hat selbst der unerbittliche und hochideale Schiller loben müssen. In diesem Gedichtc und in manchem Dutzend anderer gemahnt er lebhaft an Beranger, dessen Edelsinn, dessen Volksherz , dessen Einfachheit, dessen natürliche Verständigkeit und bisweilige Nüchternheit , dessen Melodienreichthum, dessen leichten Versbau , dessen mannhaften Charakter, wie dessen glühende Erotik er theilt, nur dass Bürger bei der stärksteu Sinnlichkeit nirgends lüstern oder gar frivol wird, wenn ich etwa Veit Ehrenwort und das wenige diesem Stück Verwandte, das wir von ihm haben, ausnehme, und vielleicht sind auch dies keine eigentlichen Ausnahmen. Seine Frau Schwips gemahnt geradezu an Berangers les deux souers de charité, eine classische Humoreske mit zündender Pointe. Bürger war sich dieses seines Berufes auch vollkommen bewusst. Den Kunstphilosophen, welche schon damals anfingen, über Alles, was nicht Tiefe verräth, die Nase zu rümpfen, konnte er mit seinem Schäfer Hans Bendix zurufen: Was ihr euch, Gelehrte, für Geld nicht erwerbt, das hab ich von meiner Frau Mutter geerbt. Er besass den gesunden Mutterwitz, der, ohne zu grübeln, überall den Nagel auf den Kopf traf, das Gute und Rechte dem Volke in lieblichen oder tüchtigen Gestalten, in einfachen aber lichten Gedanken, in ungesuchten aber tiefen Empfindungen vorführte. Hierin ist Bürger noch heute ein nicht erreicht gewordenes Vorbild geblieben.
     Auch was er sonst in übermüthiger oder schwermüthiger Laune, in ernster oder tändelnder Stimmung Allgemeines oder Gelegentliches gedichtet, athmet den Duft des unverfälschten Genies. Welch köstlicher Humor in dem Liede an Bacchus oder in der Antwort an Göckingk über das traurige Los des Poeten, welche stille Resignation in den Strophen an F. M., als sie nach London ging, welche Catullische Anmuth, welche Anakreontische Heiterkeit und Leichtigkeit in dem Hummelliede oder in dem an die Bienen. Eine Versification wie die des Dörfchens in ihrer sonnigen Lieblichkeit, in den von den Grazien selber eingegebenen reizenden Bildern hat selbst ein Meister wie Rückert ihm nicht weiter nachzubilden unternommen. Welche Hoheit in der prächtigen, von Schiller übel genug nachgeahmten Männerkeuschheit, und sein Blümchen Wunderhold ist der Preis aller in dieser Manier gedichteten Allegorien. Bürger ist ferner einer unserer ausgezeichnetsten Epigrammatisten. Wie die Goethe'schen haben seine Epigramme zwar nicht die ätzende Schärfe der Schiller'schen Dialektik, aber sie sind oft wirkliche Todtschläger in ihrer vernichtenden Wahrheit und gedrängten Kraft. Ein grosses Gemüth, ein stolzer Mannessinn , eine scharfe Beobachtungsgabe und ein kühner, vorurtheilsloser Geist spricht sich in allen von ihnen aus. Viele sind noch heutigen Tages im Munde aller Gebildeten, wie das von der Lästerzunge, dass es die schlechtesten Früchte nicht sind, an denen die Wespen nagen, oder von dem Hochmuth der Grossen, der sich geben wird, sobald nur erst unsere Kriecherei sich gegeben haben wird. Wie frei und offen spricht er die grossen revolutionären Gedanken aus dem letzten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts in der markigen Ansprache des Bauers an seinen durchlauchtigen Tyrann aus, und wie kostbar macht er dem Spatz, der sich auf dem Saale gefangen hatte, das Glück der Ungebundenheit an die ´Despotenhudelei´ begreiflich. Dass er kein Freiheitsfanatiker und blosser Raisonneur war, beweisen seine Lieder an die Franzosen, die nur von ihrer Unabhängigkeit schwatzen, sich aber ihres hohen Glückes unwürdig zeigten. Da ist also nichts von jener Schillerschen bangen Flucht ins Ideal mit dem Motto: ´Freiheit lebt nur in dem Land der Träume;´ da ist ein strenger, mannhafter, eisenfester, ausdauernder Charakter, den er bis ans Ende seines hartgeprüften Lebens bewährt hat.
      Dieses kernige Wesen tritt in seinen litterarischen Fehden überall herrlich hervor, wie z. B. in der prachtvollen Ausforderung an Fritz Stolberg, der mit ihm in einer Uebersetzung der llias rivalisirte, oder in seiner schonend-gerechten Beurtheilung des so tief unter ihm stehenden Blumauer, es erscheint aber in seinem vollsten Glanze bei Schiller's bekanntem Angriff auf ihn in der allgemeinen Litteraturzeitung vom Jahre 1792. Heutzutage steht es ausser allem Zweifel, dass dieser Angriff, so gut und ehrlich gemeint er von Schillers Seite war, doch eine Tactlosigkeit, wenn nicht gar eine schwere Ungerechtigkeit zu nennen ist. Schiller verkannte nicht nur, in Kant'sche Theoreme tief versenkt, das Wesen wahrer Volksthümlichkeit , er wollte auch gewaltsam und mit frevelmüthigem Dünkel eine so ganz aus sich herausgewachsene Individualität wie die Bürger'sche zerstören und ummodeln, und das Entgegenhalten des saft-und kraftlosen, aber formell correcten Mathisson, als des zu befolgenden Ideals, konnte nur geeignet sein, den erbitterten Dichter noch mehr aufzubringen. Dennoch ist Bürgers Betragen in dieser Angelegenheit von Anfang bis zu Ende ein ehrenhaftes und massvolles gewesen. Die Satire vom Vogel Urselbst, in welcher er Schiller einen kranken Uhu nennt, der aus den Trümmern Troja's herauswinselt, möchte zwar an das Gegentheil denken lassen; man erwäge jedoch, wie gereizt Bürger unmittelbar nach dem Angriffe sein musste; man erwäge, dass Schiller selbst damals auf dem Felde der Lyrik noch wenig oder nichts geleistet hatte und in den Augen des formvollendeten Bürger allerdings als ein Stümper erscheinen mochte, dass die Einwürfe, die Bürger seinerseits gegen Schillers Lied an die Freude machte, nur zu gerecht sind, und dass Schiller ausser der Uebersetzung des zweiten und vierten Buches der Aeneis (daher die oben angeführte spöttische Bezeichnung im Vogel Urselbst) in der That damals noch keine bedeutende Leistung in der Verskunst aufzuweisen hatte. Und krankhaft und pedantisch musste Bürger eine Mahnung erscheinen, die von ihm nichts weniger forderte, als seine eigene Natur zu verleugnen. Man bedenke endlich, dass schon achtzehn Jahre vor Ausbruch dieses Kampfes Bürger in einem sehr launigen Gedichte seinen Widerwillen gegen Mamsell la Regle ausgesprochen, ´wenn sie gar zu steif hin und her hofmeistert.´ Aber vielleicht nur wenige Tage nach jener ersten Auslassung im Vogel Urselbst schrieb Bürger die trefflichen Distichen ´über die Dichterregel´, in welcher er den Schiller'schen Behauptungen von der Nothwendigkeit der idealen Schönheit und Correctheit eines Gedichts das Motto aus dem Horaz: non satis est, pulchra esse poëmata, dulcia sunto, et quocunque volent animum auditoris agunto entgegensetzt, erst im Allgemeinen ´von der schönlich geleckten Form mit dem wässerigen Inhalt´ spricht, dann aber mit den edel anerkennenden Worten schliesst:
   Deinem Genius Dank, dass er, o grübelnder Schiller,
   Nicht das Regelgebäu, das du erbauet, bewohnt!
   Traun! wir hätten alsdann an dir statt Fülle des Reichthums, 
   Die uns nährt und erquickt, einen gar luftigen Schatz.
Und eine ganze Strophe hat er diesem seinen Todfeinde zu liebe (denn es steht ausser aller Frage, dass Schiller's Kritik ihn tödtlich verletzte; er hat seitdem nichts Frisches und Lebensfreudiges mehr geschaffen und starb arm und elend zwei Jahre nach dem Erscheinen jener Recension) in seinem Blümchen Wunderhold geändert, während er in der Anmerkung zu dieser Aenderung seinen Gegner in wahrhaft classich -biderber Weise abfertigt.
 
   So haben wir in Bürger eine naive hochbegabte Dichternatur kennen gelernt, beschränkt in ihren Fähigkeiten und unfähig, diese ihre Schranken zu verlassen, ohne sich selbst abtrünnig zu werden, ohne mit ihrem innersten Wesen in Widerspruch zn gerathen ; aber von grosser Intensität in dem, was innerhalb ihres Leistungsbereiches liegt, durchwegs volksthümlich und schöpferisch auftretend in der volksthümlichsten aller Poesien, in der Ballade und Romanze, überall die ganze Wucht der ganz individuell gearteten Persönlichkeit, und mitunter auch die Mängel und sittlichen Gebrechen dieser Persönlichkeit, wenn auch in der liebenswürdigsten Weise zur Geltung bringend und ihrer Dichtung einverleibend. Seine Lyra hat nur wenige Saiten, aber diese sind auf das Energischeste gespannt und tönen voll aus, bis ein neidisches Geschick sie mitten entzwei bricht und mit einem grellen Misston enden lässt.

[S. 13] Vermöge seiner geistigen Inferiorität kommt Bürger aus einem gewissen engen Kreise der Empfindung nicht heraus. Liebe, und zwar die kräftige, herrliche Sinnenliebe in ihrer Sehnsucht, in ihrem Taumel und in dem Seufzen um ihren Verlust, Freundschaft, Wein und Mannesbewusstsein sind der Grundton seiner oft prachtvollen Lyrik, auch seine Balladen sind innerhalb ähnlicher Schranken eingeengt. Für Goethe's Genius gibt es dagegen thatsächlich keine Schranke. Alle Höhen, alle Tiefen von Geist und Gemüth sind hier durchmessen und schöpferisch muss die Sprache für jeden neuen Ton, für jeden neuen Gedanken eigens bemeisselt und zubehauen werden."

Hellers Bürger, Schiller und Goethe als Lyriker in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1872

Anonym. Rez. Lieder und Romanzen Alt-Englands, Deutsch von Karl Knortz, Köthen. In: Amerikanische Schulzeitung, Januar. Louisville. Digitalisiert von Google

“[S. 193] Wir begegnen hier dem weit verständlicheren Originale, das Göthe bei seiner ´Ballade vom vertriebenen und zurückgekehrten Grafen´ benutzte; und das Urbild der Bürger'schen ´Leonora´ tritt in drei verschiedenen altschottischen Romanzen zu Tage. Außerdem erkennen wir, daß Bürger's ´Frau Schnipps´, Vossens ´Lied vom Flausrock´ und Rückert's ´Kind Horn´ Umarbeitungen altenglischer Originale sind. “

 

1872

Andersen, Hans Christian. Reiseskizzen und Federzeichnungen, Bremen. Digitalisiert von Google

“[S. 223] Nach einem trefflichen Mittagsessen machten der Doctor und ich uns nach bestem Können ein Lager im Coupé, wo uns kein ungebetener Gast störte. Die Wolken hatten ihre Schleusen aufgezogen; es goß wie aus Mulden, aber was härmte uns das? wir schliefen wie die Ratten. Ums Morgenroth fuhren wir nicht empor aus schweren Träumen wie ´Bürger's Lenore´; dagegen in Lissabon ein, wo der Tajo sich zum See ausbreitet.”
 

1872

Claus, W. Betrachtungen über eine neue Schuleinrichtung: Vormittagsunterricht bei freiem Nachmittage. In: Pädagogisches Archiv, Stettin. Digitalisiert von Google

“[S. 371] Vielleicht täuscht nicht gänzlich die Hoffnung, daß unsere Knaben, durch die zu erwartende neue Schuleinrichtung dem Einflüsse der Familie und namentlich dem lebendigen Verkehr mit Mutter und Geschwistern auf weit längere Zeit zurückgegeben, allmählig auch die Fähigkeit gewinnen, der lebendigen Lehre und Unterweisung einigen Antheil abzugewinnen und des eigenen Geistes, des gesunden Menschenverstandes sich lebhafter bewußt zu werden, und es nicht blos auswendig lernen, sondern auch inwendig verspüren, wenn es heißt: ´Was Ihr Euch, Gelehrte, für Geld nicht erwerbt, das hab' ich von meiner Frau Mutter geerbt.´”

 

1872

Jähns, Max. Der Stall. In: Ross und Reiter, Erster Band. Leipzig.

“[S. 91] Richtig und rechtzeitig zu füttern ist eine Kunst. Da gibt es vile Regeln. Vor allem musz man ausreichend füttern. Pferdearbeit und Spazenfutter, daß geht nicht an. - Wer mer hinter die Pferde legt, als vor sie, der färt nicht lange. - Vortrefflicher Haber! Du fütterst die Pferde mit Wenn und mit Aber! Wenn die Krippe leer ist, schlagen sich die Pferde im Stall.”
 

1872

Deutsche Gräber in der Fremde. Der Organist von Treuen. In: Die Gartenlaube, No. 002

“Inzwischen wurde es ´Tager´; 1848 fuhr, wie Lenore um's Morgenroth empor aus schweren Träumen. Es bildete sich aus der liberalen Partei heraus eine demokratische [...].”
 

1872

Wien, 5. März 1872. In: Teplitzer Zeitung, 8. März

“Heute wurde nun in der Sitzung der Volkskammer die Votirung des Finanzbudgets, und zwar mit alleiniger Zurückstellung des Budget vom Cultus- und Unterrichts-Ministerium wegen momentaner Abwesenheit des Cult-Ministers - wieder eben so rasch fortgesetzt im Dauerlauf, so daß man, wie in Bürgers ´Leonore fuhr um's Morgenroth´ wahrhaftig in den Ausruf ausbrechen konnte: ´Hurre, hurre, hopp, hopp, hopp, so ging's im sausenden Galopp, fort über Stock und Steine!´ Beim Capitel ´Finanz-Ministerium´ trat der Abgeordnete Zeilner für die Verbesserung der Lage der Finanz-Wache ein, um sie dem Minister dringend zu empfehlen.”

 

1872

Anzeige. In: Freisinger Tagblatt, 25. Dezember

“Stadttheater Freising.
Mittwoch, den 25. Dezember 1872:
  Leonore, die Todtenbraut,
        oder:
Die Vermählung auf dem Grabe.
Schauspiel mit gesang in 3 Abth. von
K. v. Holtei. Musik v. K. Eberwein.”

 

1872

Hübner, Alphons. Das neue Irrlicht oder die liberale Aufklärung, Salzburg     

“[S. 3] Liberale Bescheidenheit.
               Weil's mehr als Seide, Perl und Gold,
               Der Schönheit Zier verleiht,
               So nenn' ich's ´Blümchen Wunderhold´.
               Sonst heißt's - Bescheidenheit.
                             Bürger.
Gott zum Gruß, lieber Landsmann, Gesinnungsbruder, oder wer du auch sein magst, der dieses Büchlein zur Hand nimmt.”

 

1872

Grünbaum, M. Einige Bemerkungen zu den "Erinnerungen an die Steinzeit." In: Beilage zur Allgemeinen Zeitung, 27 December 

“[S. 5541] In den Erinnerungen ist dieß weniger der Fall; es ist weniger ein Gedankengang als ein Gedankenlauf durch alle Jahrhunderte und alle Länder. Es ist in der That auch ein wilder Ritt. Bei dem einen und dem andern möchte man gern etwas länger verweilen - aber nein, immer weiter!
   Und hurre, hurre, hopp hopp hopp -
   Geht's fort im sausenden Galopp!
und wir sind genau in der Lage jenes Bürger'schen Frauenzimmers das dem wilden Reiter überall hin folgen mußte.”

 

1872

Anzeige. In: Freisinger Tagblatt 25.12.

1872 25 12 Freisinger Tagblatt

1873

Goedeke, Karl. Gottfried August Bürger in Göttingen und Gelliehausen. Aus Urkunden.

“[S. 6] Ich wünsche, daß man die gegenwärtigen Mitteilungen allein aus dem Gesichtspunkte eines Beitrages zu Bürgers Leben betrachten wolle, und zwar zu dem Leben des Menschen, da der Dichter hier wenig in Frage kommt. Muß die Darstellung tiefer in die Zeit und in die Verhältniße der Menschen eingreifen, mit denen Bürger zu thun hatte, so sind diese doch nur das zufällige Material und die Schilderung derselben hat keine selbstständige Absichten. Erwächst dabei die Darstellung zu einem kleinen Zeitbilde, so macht sich das von selbst, und man wird vielleicht nicht ungern den Blick vom Gerichte Altengleichen, wo ein Dichter mit der offenbarsten Ungunst verfolgt wurde, nach dem Herzogthum Weimar, wo ein Dichter mit Liebe fast erdrückt wurde, hinüberlenken, um neben Bürgers Schatten Goethes Lichter zu sehen.
   Als Bürger in die Dienste der Herren von Uslar trat, hatte sein entschiedener Gegner, der Oberst Adam Henrich von Uslar, wahrscheinlich keine Ahnung davon, daß der Ausländer Namens Bürger noch zu Größerem fähig und bestimmt sei, als zur Führung des Richterstäbchens zu Altengleichen. Und hätte er auch etwas von dem dichterischen Berufe ´des interimistischen Gerichtshalters´ gewust – was galt ihm Hekuba! da er noch nach zwölf Jahren, zu einer Zeit, als selbst ihm nicht verborgen geblieben sein konnte, daß der Dichter der Leonore in seiner Familie Diensten stehe, die alten Drangsale so weit trieb, daß der unglückliche Poet endlich nicht länger im Stande war, dies qualvolle, an stets neuen Beschuldigungen und Verfolgungen unerschöpfliche Leben im vielköpfigen Herrendienste zu ertragen.
   Dem Sinne der Welt erscheint es als eine fremdartige Zumutung, daß der Machthaber dem nicht unmittelbar im Dienste der Macht zu verwertenden Talente seiner selbst willen freundlichpflegend, fördernd, nachsichtig und voll Geduld begegenen solle. Aber die Geschichte könnte die Mächtigen und Reichen belehren, daß jede Ungunst gegen das Talent von Seiten derer, die durch Gunst und Güte zu fördern berufen waren, in den Augen der stets auf Seiten des Talents stehenden Nachwelt, zum dunkeln Schatten und schweren Vorwurfe wird, während ihre Dankbarkeit die milde dem Talent erwiesene Pflege zum schönen Verdienste rechnet und aus dem, was vielleicht nur eine gütige Wallung des Herzens that, einen Vorzug des ganzen Menschen vor der übrigen Menschheit zu folgern geneigt ist.”

Goedekes G. A. Bürger in Göttingen und Gelliehausen in der ONLINE-BIBLIOTHEK.

 

1873

Nippold, Friedrich. Eine katholische Predigt. Studentisches. In: Ein christliches Lebensbild, Wittenberg. Digitalisiert von Google

“[S. 115] Ich fuhr mit - , -- und --- nach Hause. Der letztere war etwas bespitzt, aber wirklich auf eine äußerst liebenswürdige Weise, die ich seiner Nüchternheit bei weitem vorziehen möchte. Er deklamirte den halben Faust her, dann wieder einmal ´Lenore fuhr ums Morgenroth´, dann verstieg er sich auch wohl in höchst eigene Poesien, besonders an den über uns wandelnden Mond und sein liebes Schlesien u. s. f.”

 

1873

Hackländer, Friedrich Wilhelm. In einem Thal bei armen Hirten. In: F. W. Hackländer's Werke, Einundfünfzigster Band, Stuttgart. Digitalisiert von Google

“[S. 142] ´Ach ja, sie war schön!´ fiel van der Maaßen seufzend ein, indem er seine Arme schwärmerisch in die Höhe warf - ´sie liebte mich und träumte von mir schöne, unruhige Träume - sie hieß Lenore . . . .
     ´Lenore fuhr um's Morgenroth,´
deklamirte er.
     ´Zum Zeitvertreib,´
 sagte Rüding.”

 

1873

Anonym. Feuersbrunst und Geister-Erscheinung. In: Schriften des Vereins für die Geschichte der Stadt Berlin, Heft VIII, Berlin. Digitalisiert von Google

“[S. 65] Die von Glasenapp'sche Erzählung ist aber namentlich für Litterar-Historiker insofern von Wichtigkeit, als sich in ihr ein Ursprung der Bürger'schen Ballade von einer gewissen ´Lenore, die um's Morgenroth fuhr´ erkennen und vielleicht nachweisen ließe. Denn Jungfer v. Kleist befindet sich ziemlich in demselben Verhältnisse wie Jungfer Lenore, Vatername unbekannt. Daß Bürger seinen Geist, den er übrigens auch in Militairverhältnissen stehen läßt, nicht zum Freiwerber bei seinen eigenen Schwiegereltern für einen andern macht, beweist uns, daß Bürger Glasenappen anders aufgefaßt hat. Daß er die Translozirung des Inhalts jenes Lacrymatorii aus seiner Ballade weggelassen, kann man ihm nicht verdenken, obgleich die verschiedenen späteren Komponisten dadurch offenbar eine Gelegenheit zu musikalischem Ausdruck durch wellenförmiges Accompagnement oder undulirende Mittelstimmen verloren. Daß Bürger seinen Cornet in der Schlacht bei Prag fallen läßt, während der Glasenappsche Balladen-Gegenstand offenbar in der Schlacht bei Fehrbellin gefallen sein muß, da es mit der Zeitangabe so ziemlich stimmt, ist bei der chronologischen Licenz der Dichter kein Grund zu Zweifeln. Denn gegen diese Kleinigkeit sind so viele übereinstimmende Punkte zwischen dem Glasenappschen und Bürgerschen Gedicht, daß kaum ein Bedenken übrig bleiben kann, wie der eine aus dem andern geschöpft. Wie schön sagt Lenore zum Beispiel:
     Er hat ihr nicht geschrieben,
     Ob er gesund geblieben. —
Dieser Korrespondenz-Mangel läßt sich auch zwischen den Zeilen jener hinterpommerschen Geschichte heraus lesen, wie es denn überhaupt nur des guten Willens bedarf, um, mit Ausschluß des spätern, etwas zu weit fortgesetzten schwägerlichen Verhältnisses, die vollkommene Gleichheit der Stofflichkeit für beide dichterische Auffassungen zu erkennen. Ja es ist sogar nicht unmöglich, daß Schiller in seinen ´Räubern´ die Idee benutzt, indem er den Reiz des Familienverhältnisses in der gräflich Moor'schen Familie bekanntlich noch dadurch gesteigert, daß der angeblich gestorbene ´Carl Moor´ durch den verkleideten Hermann seiner Amalie andeuten läßt, sie möge seinen Bruder Franz heirathen, obgleich Amalie durch die verschiedenen mehr oder weniger beleidigenden Schimpfworte, mit denen sie in ihren häuslichen Unterhaltungen besagten Franz belegt, nicht unzweideutig eine gewisse Abneigung gegen denselben zu erkennen giebt.
     (Spenersche Zeitung vom 2. August 1855.)”

 

1873

Heinrichs, Emilie. Leibrenten. In: Der freie Landesbote, 24.10.

“Ha, ha, mit vierhundert Thalern Renten lebenslänglich bis an ein seliges Ende; mit vierhundert Thalern zum Tode gefüttert. Actuar Leisemann, ich mache Euch mein Compliment, - Ihr versteht die Kunst, aus Häckerling Gold zu machen.”
 

1873

Vermischtes. In: Oberfränkische Zeitung und Bayreuther Anzeiger (Bayreuther Anzeiger), 21.09.

“In Großmehring bei Aichach stahl dem Untersuchungsrichter ein Dieb aus Pittling, den er eben zu Protokoll genommen hatte, nach diesem ersten Akte - das Pferd aus dem Stall und ritt davon. Da ihm aber die Cavallerie von Großmehring gar bald wild und erfolgreich nachsetzte:
  Daß Kies und Funken stoben
  Und Roß und Reiter schnoben,
so sprang der unternehmende Pittlinger auf einmal vom Pferde und husch! war er im Wald verduftet.”

 

1873

Tagesgeschichte. In: Musikalisches Wochenblatt, 05.09.

“[S. 531] Es folgte Schubert's Reitermarsch (Op. 121, No. 1) in der prächtigen Liszt'schen Orchesterbearbeitung und nicht allein in ´sausendem´, sondern sogar in rasendstem Galopp, ´dass Ross und Reiter schnoben und Kies und Funken stoben´; sodann Vierling's Overture [...].”
 

1873

Die Räumung des französischen Gebiets. In: Tag- und Anzeigeblatt für Kempten und das Allgäu, 13.07.

“Sie haben unter den schwierigsten Verhältnissen auf einem Boden ausgeharrt, der ihnen gewiß oft unter den Füßen brannte. Wir begrüßen es speziell mit freudiger Genugthuung, daß auch die bayerische II. Division, welcher die meisten unserer Söhne angehören, ´geschmückt mit grünen Reisern heimzieht zu ihren Häusern.´”
 

1873

Anonym. Danzig, 21. Juni. In: Süddeutscher Telegraph, 24.06.

“[S. 6] ´Ich nehme es jedoch nur von der humoristischen Seite und lache dazu und denke, es sind nicht die schlechten Früchte, an denen die Wespen nagen. Ihnen aber wiederhole ich für die vielen Beweise von Huld und Theilnahme nochmals meinen innigsten, herzlichsten Dank.´”
 

1873

Arnold, E. Samstags-Plaudereien. In: Morgenpost, 21.06.

Die schlechtesten ´Birnen´sind es nicht, an denen die Wespen nagen! Hab' Dank, o Klara Ziegler, für Dein wunderbares Wort. Da vergeht eine Woche in trostlosem Einerlei, nur durch kleine generaldirektorliche Scherze unterbrochen, der Chronist schaut schaut betrübt auf das weiße Papier und martert sich, um irgend etwas Sensationelles, Pikantes zu ersinnen, da kommst Du, o Klara, mit Deinen ´Birnen´ und die Woche ist gerettet.[...] Auch sonstige Lokalitäten, die ´ob schön, ob Regen´, stets geöffnet sind, werden von den männlichen Ausstellungs-Züglern der eingehendsten Betrachtung gewürdigt, denn die schlechtesten Birnen sind es nicht, an denen die Wespen nagen.”
 

1873

v. A. Vermischte Nachrichten. In: Augsburger Tagblatt, 03.04.

“[S. 780] Deutlich stellt es sich da wieder heraus, daß es nicht die schlechtesten Früchte sind, an welchen Wespen nagen; hiemit möge Baron Schertel sich immerhin beruhigen und unbeirrt auf dem betretenen Wege fortfahren, dem Verdienst wird dann sicherlich auch die Krone, die ungetheilte Achtung der gebildeten Welt - als schönster Lohn zu theil werden.”
 

1873

Glossen. In: Volkswirtschaftliche Presse, Wien 18. April

“[S. 223] Elias fuhr nicht um's Morgenroth, sondern um eine ´Provinzial-B augesellschaft´, und nachdem er die Herren L. Adler und Dr. Philipp Neumann seinem Wagen vorgespannt und die Räder gehörig geschmiert, gelang es ihm, die Bewilligung zur Gründung einer solchen zu erhalten, die den Provinzlern aber schon deßhalb ungefährlich ist, weil sie höchst wahrscheinlich auf dem - Papiere bleiben wird.”

 

1873

Pecht, Fr. Briefe von der Wiener Weltausstellung. Die englische Malerei. In: Allgemeine Zeitung, Augsburg, 29. Juni

“[S. 2763] Wie man denn dieser ganzen englischen Kunst begreiflich alles andere nachsagen kann als den Mangel an Decenz, da sie im Gegentheil die Feigenblätter in ganzen Wäldern wachsen läßt, und aller Wahrscheinlichkeit nach bis heute nicht erfahren hat wie ein Wäldchen aussieht. Es wäre denn in jener Mischung von Nebelglanz und Mondenschein in welcher Elmore unsere Bürger'sche Leonore in den Armen des gespenstischen Geliebten den Weg auf den Kirchhof hurrah, hopp, hopp unter lauter, sogar ziemlich decolletirten Gespenstern und Nixen und sonstigen nordisch mythologischen Damen, zurücklegen läßt. Das Gespenstische, traumhaft Phantastische, Schauerliche, ist indeß gerade gut genug breit und malerisch vorgetragen gegeben, um jeden Backfisch vor dem Schlafengehen gruseln zu machen.”

 

1873

Bildende Künste. In: Ueber Land und Meer, Nr. 46

“[S. 903] Ein gewisses Aufsehen im münchener Kunstverein macht die größere Komposition: ´Des Pfarrers Tochter von Taubenhain´ (nach Bürger) von Eugen Neureuther. Wenn man sich mit der etwas aus der Mode gekommenen architektonisch-dekorativ-arabeskenhaften Umrahmung der einzelnen Darstellungen befreundet, so wird man auch an diesem neuesten Gemälde des berühmten Meisters dessen bekannte Vorzüge: tiefpoetische Empfindung, Feinheit der Auffassung, duftige Stimmung und eine überaus reizende Zartheit der Komposition bewundern, Vorzüge, die allerdings mehr bei der Darstellung märchenhafter als tragischer Stoffe zur höchsten Geltung kommen.”
 

1873

Kunstvereinsbericht. In: Der freie Landesbote, 11.07.

“Zum Schlusse machen wir dem Nestor der Münchner Künstlerschaft, Herrn Neureuther unser Compliment. - Bürgers Pfarrerstochter von Taubenheim hat ihn zu einem Cyklus von Bildern inspirirt, die durch Arabesken verbunden die Hauptmomente des Gedichtes veranschaulichen, - Die Disposition ist geschmackvoll, die Färbung elfenhaft ätherisch.”

 

1873

O. K. Karl Twestens philosophisches Glaubensbekenntnis. In: Beilage zur Allgemeinen Zeitung, 19.04.

“[S. 1658] Der Trost welcher im Unglück aus der Unsterblichkeit geschöpft werden soll, ist mehr ein in kalter Ueberlegung ausgeklügelter als ein wirklich empfundener. Wenn in wahrer Herzenstrauer von der Antigone des Sophokles bis zu Bürgers Leonore verzweifelte Seelen rufen: ´Der Tod ist mit Gewinn,´dann denken sie nicht an künftige Freuden, dann verlangen sie nur ein Ende, das Ende der Mühen (aetumnarum requies), welches Cäsars gewaltiger Geist nicht anders wie ein gequältes Frauenherz vom Tode will.”
 

1873

A. J.  Bericht. Pest. In: Musikalisches Wochenblatt, 07.02.

“[S. 89] Es wäre nahezu unverantwortlich, wenn ich Ihnen über das am 13. Jan. d. J. im Prachtsaale des Hótel Hungaria abgehaltene Novitätenconsert [...] nicht nähere Details brächte [...]. Die berühmte Tragödin, die Gemahlin des grossen Romanciers Moritz Jókai, declamirte Bürger's geisterhafte Ballade: ´Lenore´ mit melodramatischer Clavierbegleitung von Fr. Liszt und erzielte einen mächtigen Eindruck auf die Zuhörer durch den gluthvollen leidenschaftlichen und doch in den ästhetischen Grenzen gehaltenen Vortrag, welcher durch die virtuose Begleitung Liszt's erschütternd wirkte.”
 

1873

Anzeige. In: Landshuter Zeitung 14.12.

1873 14 12 Landshuter Zeitung

1873

Anzeige. In: Düsseldorfer Volksblatt 01.10.

1873 Düsseldorfer Volksblatt 01.10.

1873

Anzeige. In: Düsseldorfer Volksblatt 06.10.

1873 Düsseldorfer Volksblatt 06.10.

1873

Anzeige. In: Frankenberger Nachrichtsblatt und Bezirksanzeiger 02.05.

1873 Frankenberger Nachrichtsblatt und Bezirksanzeiger  02.05.

1874

S. Carl von Holtei´s 76. Geburtstag. In: Rigasche Stadtblätter für das Jahr 1874. Digitalisiert von Google.

“[S. 25] Wie alljährlich, wurde auch in diesem Jahre der 24./12. Januar, Holtei´ s Geburtstag, von seinen Verehrern im trauten Familienkreise begangen. Erinnerungen an das Wirken und Leben Holtei´s, seine Bühnentätigkeit, sein Schaffen als interessanter Romanschriftsteller bildeten den Inhalt der anregenden Gespräche, die schönen Lieder aus ´Lenore´ zündeten auch bei den jüngeren Personen, wie sie einstmals, von Holtei selbst gesungen, die Alten erwärmt hatten.”

 

1874

Mehring, Franz. Gottfried August Bürger. In: Die Wage.

“[S.258] Unsere Literaturgeschichte droht zu verknöchern, sie droht ganz und gar zur fable convenue zu werden. Sie ist es leider schon da, wo ein solcher Zustand am schlimmsten wirkt, in unseren höhern Schulen. Es mag in allerneuester Zeit besser geworden sein, aber vor etwa einem halben Dutzend Jahren noch, als der Schreiber dieses die Bänke der Prima drückte, welcher Jammer war es um den Unterricht in der deutschen Literatur! Die Befreiungskriege waren das große Thor, das dröhnend vor dem Wißbegierigen zuschlug, wie in der politischen, so auch in der literarischen Geschichte. Arndt, Körner, Schenkendorf und vor allem Uhland standen mit erhobenen Schwertern vor dem verbotenen Land; sie galten als die letzten Ausläufer der klassischen Zeit. Nicht einmal bis zu Goethe´s Tode wurde die Literaturgeschichte fortgeführt, weil sonst der nichtsnutzige Heine hätte erwähnt werden müssen.

[S.259] Erfreulicherweise ist hier und da schon ein Anfang gemacht und dankbar darf anerkannt werden, daß unter den ersten Dichtern, deren Namen moderne Kritik von dem Staub und Wust der Jahrzehnte zu reinigen versucht hat, sich Gottfried August Bürger befindet. Er vor Vielen verdient eine “Rettung”, wobei ich das Wort in Lessing´schem und nicht in Stahr´schem Sinne nehmen. Ihm ist von der literarischen Kritik übel mitgespielt worden; abwechselnd ist er das Opfer falscher Sentimentalität oder rigiroser Sittenrichter oder endlich eines unerquicklichen Gemisches von Beidem gewesen, weil man nie die Bedingungen zu verstehen gesucht hat, unter denen er wurde, was er in Wirklichkeit gewesen ist.

[S.260] Zweitens aber stellt ihn seine schönste Charaktereigenschaft uns Modernen besonders nahe. Er war, was er hieß. Die stolze, bürgerliche Unabhängigkeit seines ganzen Wesens teilt er unter den deutschen Dichtern des vorigen Jahrhunderts nur noch mit Lessing. Diese beiden besaßen in vollstem Maße, was wir als unseren besten Erwerb zu betrachten gewohnt sind und was wir an ach! So vielen unserer geistigen Heroen schmerzlich vermissen. Bürger übte den „Mannesstolz vor Königsthronen“; er hat sich nie an die Großen dieser Welt herangedrängt. In ihm schlug eine volle, demokratische Ader.“

Mehrings vollständige Arbeit in der ONLINE-Bibliothek

 

1874

Paton, Andrew Archibald. Brunswick in 1807-8 - Beyle Studies German. In: Henry Beyle [d.i. de Stendhal] : A Critical and Biographical Study, London, 1874 Reprint Genf 1999

“[S. 47] Chapter VII
Conscious of the advantage of residence in a German town, his leisure was devoted to the study of the language at a time when it had emerged into European celebrity by so many productions of men of genius, most of whom were alive. He read through Bürger's ´Lenore` with his master, and was quite taken with that thrilling production of the romantic school. He gives his sister a correct analysis of the poem, and adds, that ´the English are fanatical admirers of it, so that there are several translations of it into that language.´
  Of the exquisite elegaic vein of Bürger there is a disappointing absense of mention. Tenderness, the divine spirit of true poetry, has flitted past many stately structures of poets of renown, but was an abiding tenant of the lowly dwelling of the author of the undying ´Odes to Molly´. In the accents that pierce from soul to soul, what German poet has surpassed the singer of the ´Dove that left her home?´ “

 

1874

Brandstäter, Franz August. Das 18. Jahrhundert. In: Die Gallicismen in der deutschen Schriftsprache. Leipzig. (Sammlung Klaus Damert)

“[S. 42] Gottfried August Bürger (1748-94) war eine durchaus deutsche Natur, leider mit vielen unglückseligen Charakterschwächen. Französisches war ihm zuwider, und wenn er z. B. in seine ´Geschichte von der Prinzessin Europa´ französische Brocken einmengt, so geschieht es eben zum Zwecke der Travestie und nicht ohne satirische Absicht (wie auch in Blumauer's Aeneide). Merkwürdigerweise hatte B, aus der erbarmungslosen und grossentheils ungerechten Kritik, welche über seine Gedichte von Schiller erging, herausgelesen, als wenn dieser ihm das ächt Deutsche, Volksthümliche zum Vorwurfe machen wollte, während nur eigentlich das zu wenig Ideale, das grob Naturalistische, im niederen Sinne Populäre, gerügt war. So lässt er in der Entgegnung (´der Vogel Urselbst´) sich von dem Papagey rathen:
   ´Reiss Dir die deutschen Federn aus ,
   Und füll' mit Blümlein bunt und kraus
   Die leeren Lücken wieder an ,
   So wird aus Dir ein ganzer Mann.´
Ein merkwürdiges Missverständniss! Fragen wir nun aber, ob B. factisch von Gallicismen der bezeichneten Art frei ist, so lautet die Antwort:. ebensowenig oder doch nicht viel mehr als sein grosser Gegner.
   Wenn wir auch Chr. Fr. v. Schiller (1759 1805) hier mit Bedauern nennen, so geschieht es natürlich nicht deshalb, weil er in seiner Wallenstein-Trilogie absichtlich die Soldateska des dreissigjährigen Krieges in der damals beliebten Weise reden lässt, [...] sondern hauptsächlich, dass er ohne Noth der deutschen Sprache französische Wendungen aufzwang oder einverleibte, welche nicht ohne zahlreiche Nachfolge und Nachahmung blieben und bleiben konnten. [...]
  Von Schiller nun muss jedenfalls behauptet werden, und wird durch die folgenden Einzelnheiten erhärtet, dass er in allen seinen Schriften, poetischen wie prosaischen, aber mehr noch in diesen, eine grosse Menge jener Verstösse gegen die richtige deutsche Wörterverbindung zeigt, die theils in der fremdländischen Zusammenstellung der Wörter, theils in der französischen Art ihrer Abhängigkeit (Rection) liegen, was wir phraseologische und syntaktische Gallicismen nennen. “

 

1874

Saphir, Moritz Gottlieb. Die Geliebte und der Apotheker. In: Echo, Schatten, Spiegel, Affe und Schriftsteller, Brünn, Wien, Leipzig. Digitalisiert von Google 

“[S. 38]
Also ich saß in der Loge.
Sie saß im Parquett; erste Bank, gerade vor mir.
Sie! Wer? Nun: der Engel!
Aber diesmal war's wirklich ein Engel!
Der Engel sah mich unverwandt an!
Der Leser glaubt nun, ich hätte mich darüber gewundert:
Nicht im geringsten!
Der Leser wird nun aber gewiß glauben, ich hätte sie oder ihn (den Engel) wieder angesehen? –
   Errathen! Die Leser wissen doch gleich Alles! Es ist mit den Lesern nicht mehr zum Aushalten!
   „Lenardo sah her, Blandine sah hin!“
Ob sie schön war? Wenn mir ein Leser eine Nichtschöne nennen kann, die ich geliebt habe, dann bekömmt er eine grandiose Belohnung: sämmtliche politische Artikel der verflossenen Jahrgänge des ´Humorist´.“

 

1874

Jensen, Wilhelm. Nach hundert Jahren: Ein Roman aus neuster Zeit, Dritter Band, Schwerin i. M. Digitalisiert von Google 

“[S. 73] Sie sagte eines Tages, von Margarite überrascht, lachend, daß ihre Vorliebe für die deutsche Sprache sich dergestalt steigere, daß sie dadurch noch allmälig zu einer Büchermade zu werden befürchten müsse, doch sie habe in ihrer Kindheit ein Lied vom Morgenroth gehört, das ihr nicht aus dem Sinn gekommen, und das sie, da all ihr Interesse an der deutschen Dichtung dadurch wieder geweckt worden, aufzufinden bestrebt sei, obwohl sie weder wisse, von wem es sei, noch was es eigentlich enthalten. Sie bat Margarite, ihr mit der eigenen Kenntniß zu Hülfe zu kommen, und diese begann nachsinnend den Anfang mancher, in der deutschen Lyrik nicht seltener auf das Morgenroth bezüglicher Lieder, doch Françoise schüttelte stets rasch den Kopf und sagte: ´Nein, das war's nicht.´ Endlich war der Vorrath der Recitierenden erschöpft, sie sann umher und versetzte lachend: ´Dann weiß ich nur noch Bürger's ´Lenore fuhr ums Morgenroth´, aber das hat, obwohl Morgenroth und Morgenluft darin vorkommt, wenig mit beiden noch mit dem zu thun, was man sich gewöhnlich an Annehmlichkeit dabei vorzustellen pflegt.´ Françoise's Augen glitten schnell über die vor ihr befindlichen Bücherreihen und sie erwiederte: ´Nun, dann wird es auch das wohl nicht sein und mich däucht überhaupt, wir
thäten klüger, uns um das wirkliche Morgenroth draußen als um das gedruckte zu bekümmern, das nicht die Eigenschaft hat, sich in Mittagshitze und Abendkühle zu verwandeln.´ Françoise that dies auch fortan, indem sie, wie es schien, Beides zu vereinigen suchte, denn Margarite traf sie mehrere Male auf versteckten Plätzen im Freien mit einem Buche auf den Knien, worauf sie unbeweglich die Augen gerichtet hielt und das sie beim Herankommen ihrer Cousine mit leichtem Zusammenfahren in ihrem Kleide verbarg. Doch die Letztere beachtete dies kaum, nur fiel ihr zufällig auf, als sie eines Tags selbst etwas in den Bücherfächern suchte, daß ein Band einer kleinen, durch ihr Alter werthvollen Ausgabe der Bürger'schen Werke fehlte, allein auch dies entschwand, ohne daß sie einen Zusammenhang daran knüpfte, ihrem Gedächtniß.”

 

1874

Kleinsteuber, Hermann. Gefangen in Deutschland. In: Feuilleton zum Pfälzischen Kurier, Nr. 137. Digitalisiert von Google

“[S. 546] Schon am nächsten Tage rückten die achtzigtausend Mann, welche die Besatzuug von Metz gebildet hatten, in Abtheilungen aus, um nach Deutschland in die Gefangenschaft zu wandern. Auch durch Bolchen kamen verschiedene Züge und die Einwohner reichten ihren Landsleuten Brod und Lebensmittel, welche gierig verschlungen wurden. Marianne beging die Unvorsichtigkeit, ganze Körbe mit Aepfeln auf die Straße zu streuen; da fielen denn die Leute darüber her und wälzten sich im Kothe. So mancher Kolbenstoß mußte von der deutschen Begleitungsmannschaft ausgetheilt werden, um den Zug im Gange zu erhalten.
    Marianne hielt jeden Augenblick einen französischen Infanteristen an, um sich nach Günther Benett zu erkundigen; aber es erging ihr wie Bürgers ´Leonore´:
         ´Sie frug den Zug wohl auf und ab,
         Und frug nach allen Namen;
         Doch keiner war, der Kundschaft gab,
         Von Allen, so da kamen.
         Als nun das Heer vorüber war,
         Zerraufte sie ihr Rabenhaar
         Und warf sich hin zur Erde
         Mit wüthiger Geberde.´
Viele von den armen französischen Soldaten starben auf dem Wege buchstäblich im Kothe.”

 

1874

Anonym. Locales. Carneval 1874. In: Tetschen-Bodenbacher Anzeiger, 7. Jänner

“ [S. 10] Hinaus in die wogende Menge der tanzlustigen Welt werden die Ball- und Kränzchen-Antheilscheine zu mäßigem Kurse geworfen. Der zärtliche Familienvater, dem blühen sechs liebliche Töchter, welche schon öfter mit Lenore ums Morgenroth gefahren, erwartet das Unvermeidliche: denn nicht sicher ist er auf Weg und Steg, in seines Gehäuses tiefinnersten Winkel - überall taucht ein Dienstmann, ein Unbekannter mit Bogen und Briefgroßcouvert auf, und - überreicht ein Schriftstück, auf dem so manchmal der Bleistiftzug und die Federführung die Gefühle des Zeichnenden verrathen.”
 

1874

Niederbayerisches. In: Landshuter Zeitung, 01.09.

“[S. 1000] Landshut, 31. August.
Die raschesten und besten Geschäfte hat wohl ein fremder Lebküchner gemacht. Er verkaufte ein wohlschmeckendes sogen. englisches Magen-Gesundheits.Brod. Dasselbe ging reißend ab. Auch eine Menge Wespen labten sich unentgeltlich an der süßen Speise, nach dem Spruche; Es sind nicht die schlechtesten Früchte, woran die Wespen nagen.”

 

1874

Pariser Chronik. In: Allgemeine Zeitung, 23. December

“[S. 5623] "La Haine" spielt zu Siena im 14. Jahrhundert in der Hitze des Bürgerkriegs zwischen Ghibellinen und Guelfen, der, auf deutschem Boden entsprossen, sich in Italien weiter ausdehnen sollte: vor Weinsberg war es doch daß der Ruf der Waiblingen und Welfen zuerst erscholl:
   ´Wer sagt mir an wo Weinsberg liegt?
   Soll sein ein wackres Städtchen,
   Soll haben, fromm und klug gewiegt,
   Viel Weiberchen und Mädchen.´”

 

1874

Jugendleben der Malerin Caroline Bardua. Hg. Walter Schwarz, Breslau 

“[S. 174] Singen war ihre liebste Beschäftigung. Unter den Dingen, die Caroline ihr von Leipzig schickte, war auch Bürger's Leonore, von Zumsteg componirt: ein Gesangstück, das sie nun von Morgen bis Abend zu singen nicht müde wurde. Besonders gefielen ihr die letzten schaurigen Strophen sehr, in denen Wilhelm mit Leonoren hopp, hopp, hopp im Mondenschein über die Felder fliegt. Sie sang diese Stelle mit solchem Affect, daß Dore ihre bittersten Thränen dabei vergoß. Das war ein großer Triumph für Minen, wie denn überhaupt von jeher Dore ihr bestes Publikum gewesen ist.”
 

1874

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 20.12.

1874 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 20 12

1874

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 22.3.

1874 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 22 03

1874

Anzeige. In: Erzgebirgischer Volksfreund 20.11.

1874 Erzgebirgischer Volksfreund  20.11.

1874

Anzeige. In: Erzgebirgischer Volksfreund 21.07.

1874 Erzgebirgischer Volksfreund  21.07.

1874

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 20.12.

1874 Leipziger Tageblatt und Anzeiger  20.12.

1874

Anzeige. In: Nachrichten für Stadt und Land Oldenburger Zeitung für Volk und Heimat 22.12.

1874 Nachrichten für Stadt und Land  Oldenburger Zeitung für Volk und Heimat 22.12.

1874

Anzeige. In: Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden 13.03.

1874 Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und Umgegenden  13.03.

1874

Anzeige. In: Tag- und Anzeigeblatt für Kempten und das Allgäu 13.03.

1874 Tag- und Anzeigeblatt für Kempten und das Allgäu 13.03.

1875

Grosse, Emil. Rezension Briefe von und an G.A. Bürger. In: Wissenschaftliche Monats-Blätter. III. Jahrgang

"[S. 12] Str. [Strodtmann] hofft, diesser Briefwechsel werde die oft gehörte irrthümliche Ansicht zerstreuen, als habe Boie Bürgern ´durch kleinliche Krittelei zu jener übertriebenen ängstlichen Anwendung der poetischen Feile gestachelt, welche in späteren Jahren so manches seiner schönsten Gedichte verdarb´, die Schuld hiervon trage ´einzig und allein´ Schiller's Recension. Meines Erachtens liegt die Schuld weder an Boie noch an Schiller, sondern ´einzig und allein´ - an Bürger selbst: an Boie nicht - das lehrt der Briefwechsel allerdings, denn seine Bemerkungen kann man in der Regel nur für verständig und richtig halten; aber auch an Schiller nicht, das lehrt - seine Recension. Wie kann der die Schuld tragen, welcher gesagt: ´Kein noch so grosses Talent kann dem einzelnen Kunstwerk verleihen, was dem Schöpfer desselben gebricht, und Mängel, die aus dieser Quelle entspringen, kann selbst die Feile nicht wegnehmen.´ Wenn B. empört über Schiller's Recension dennoch ihre Forderungen zu erfüllen sich mühte, zu dem Zwecke aber· gerade das Mittel ausschliesslich anwandte, welches Sch. als verkehrt ausdrücklich gekennzeichnet hatte, was in aller Welt kann Sch. dafür?
   Diese Anklagen sind durchaus nicht neu. Es ist herkömmlich, jene Recension hart, streng, ungerecht zu nennen. Dabei ereignet es sich auch, dass man über Bürger so urtheilt wie Schiller, dasselbe an B. tadelt, ja mit Schiller's eigenen Worten, ohne ihn freilich anzuführen, Bürgern nicht einmal so lobt, wie Schiller gethan, aber - Schillern ungerecht schilt. Wem das übertrieben erscheint, der lese in der Literaturgeschichte von Heinrich Kurz. Man betont die beiden Vordersätze Schiller's viel zu wenig, oder verschweigt sie auch wol ganz. Erstens: ´nur gegen einen Dichter, auf den so viele nachahmende Federn lauern, verlohnt es sich der Mühe, die Partei der Kunst zu ergreifen.´ Zweitens: ´nur das grosse Dichtergenie ist im Stande, den Freund des Schönen an die höchsten Forderungen der Kunst zu erinnern, die er bei dem mittelmässigen Talent entweder freiwillig unterdrückt oder ganz zu vergessen in Gefahr ist.´ Vergisst man diese Voraussetzungen des Recensenten, dann ist derselbe ungerecht. Das hat Schiller selbst zuerst gesagt. Niemand hat Bürgern je mehr gelobt als Schiller. Die jenen gegen diesen in Schutz nehmen zu müssen glauben, stellen ihn in der That tiefer als Schiller. Seine Voraussetzung wiederholt Schiller ausdrücklich in einer Note zur Abhandlung über naive und sentimentalische Dichtung.
   Schiller soll einen unrichtigen Massstab angelegt haben. Möglich! Das kann dann aber nur heissen, er überschätzte Bürgern! In einer längeren Anmerkung bei Koberstein V5 S. 39, in welcher noch stehen müsste, dass auch Goethe mit Schillers Urtheil einverstanden war, heisst es, dass später Sch. selbst in einem Briefe vom 27. Juni 1798 an Humboldt S. 444 von der Strenge seiner idealistischen Forderungen an die poetische Praxis nachgelassen habe. Wären seine Worte aber auch so zu verstehen, sie sind gar nicht Schiller's Endurtheil über die Recension. Dies schrieb er 1802, als er dem Wiederabdruck hinzufügte: ´So urtheilte der Verfasser vor elf Jahren über Bürger's Dichter-Verdienst; er kann auch noch jetzt seine Meinung nicht ändern!´ Die daran geknüpfte Hoffnung, ´wenn alles persönliche Interesse schweigt, wird man der Intention des Recensenten Gerechtigkeit widerfahren lassen´, hat sich, wie die Bemerkung, von der wir ausgingen, zeigt, noch nicht völlig erfüllt, so richtig die Sache auch von Einigen dargestellt ist, von Niemandem richtiger als von Julius Tittmann."

Grosses vollständige Rezension in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1875

Krembs, Johannes Bernhard. Ueber Gottfr. August Bürger´s Stellung zur Litteratur seiner Zeit. Dissertation Universität Jena.

"[S. 10] Während so in den siebziger Jahren verschiedene Strömungen in der Literatur sich geltend zu machen suchten und überall eine masslose Betriebsamkeit herrschte, da stieg aus deren erster Hälfte G.A. Bürger sehr wohl vorbereitet auf als ein ganzer Mann wie ´Minerva aus dem Haupte des Jupiter.´ Wenngleich dem Hainbunde angehörend [B.stand ihm nahe, gehörte ihm nicht an], blieb er doch nicht unberührt von den grossen und hohen Gedanken Herders, so dass er als der einzige dieses Kreises überzeugt und durchdrungen war von der Nothwendigkeit, die deutsche Kunst an der Quelle der Volkspoesie zu
verjüngen.

[S. 11] Denn Bürger besass alle Eigenschaften, die einen wirklichen Dichtergeist bezeichnen; er hatte eine regsame Einbildungskraft, ein tiefes und ebenso weiches als warmes Gefühl, und wie er alle Eindrücke rasch und sicher in sich aufnahm, so war er zugleich mit einer grossen, schöpferischen Gestaltungskraft begabt. In ihm war eine wirklich grossartige Weise, eine Menge gegebener Stoffe mit weitspähendem Blicke und in der Regel glücklichen Griffen zusammenzuraffen und sie einzuschmelzen im Hochofen des Genies. Zudem beherrschte er die Sprache mit wunderbarer Gewandheit, alle ihre geheimsten Schätze standen ihm zu Gebote. Konnte doch auch das Studium der alten Sprachen und neueren Litteraturren, dem er in Halle und Göttingen in der eifrigsten Weise oblag, nur veredelnd und weiter bildend wirken auf seinen schon natürlich feinen und sicheren Tact für das Rythmische und Wohllautende der Form.

[S. 12] Bürger ist unter allen litterarisch gebildeten Deutschen der erste, den man in einem wahrhaft poetischen Sinne einen Volksdichter nennen darf und als solcher steht er nicht in seiner Zeit, sondern schwebt wie ein Geist aus einer höheren Welt über seinen sterblichen Zeitgenossen, dem sich nur ein Goethe würdig zur Seite stellt.

[S. 14] Nicht minder aber darf unerwähnt bleiben, dass er der Ballade auch in allem, was zur Bildung der Sprache und Versarten gehört, eine klassische Vollendung gab. Bürgers Lenore, welche im Jahre 1773 erschien, bethätigte durch die Wirkung, die sie machte, die Wahrheit und Richtigkeit der Herder´schen Ideen und schien für immer den Bildungsgang in unserer Balladenpoesie zu entscheiden, wie Goethe´s Götz von Berlichingen im Bereich des Drama.

[S. 15] Wenngleich die Alles umfassenden Genien der deutschen Litteratur Schiller und Goethe, welche im Jahre 1797 ihre meisten Balladen schrieben, das Wesen der Volkspoesie erfasst haben mögen, so bleibt Bürger doch unbestritten das Verdienst, wenigstens als der Erste die volksthümliche Ballade behandelt zu haben und daher mit Recht der Vater und Repräsentant der vereinten Volks- und Naturdichtung genannt zu werden. Unübertrefflich aber bleibt er in der Darstellung des Einzelnen sowohl als der Situation und Charaktere, und kein anderer Dichter erreicht ihn an dramatischer Lebendigkeit, so dass die Wirkung seiner Balladen geradezu unwider[steh]lich ist.

[S. 16] Obgleich aber Bürger in seinen epischen Gedichten am grossartigsten ist und am meisten wirkte, so war er auch als Lyriker von mächtigem Einflusse auf die Entwicklung der Poesie seines Zeitalters.

[S. 17] ...und in seinen Gedichten gibt es Vieles, das sich in Poesie und Empfindung und in Schmelz und Wohllaut dem Schönsten anreiht, was deutsche Dichter gesungen; besonders gilt dies von seiner Liebeslyrik. Eine Gluth und Zartheit, eine Lust und glückerfüllte Munterkeit, die unwiderstehlich hinreisst. Mit zutraulicher, oft mit derber Herzlichkeit malt hier der Dichter die anmuthigsten Mädchengestalten aus, wie es ihm eben der Natursinn eingibt. Seine Bilder sind überaus einfach, volksthümlich und ländlich. Der Genius legt alle Blitze der Erhabenheit nieder, um sich mit kindlicher Freude in das blumige, reizende Mädchenbild zu versenken, das ihm eine verschwenderische Fülle der Jugend entgegenathmet. Der Dichter zeigt sich hier als Meister der von Lessing empfohlenen Kunst, seine Gestalten nicht sowohl durch unmittelbare Darstellung, als durch Wirkungen und Beziehungen zu malen.

 [S. 20] Es mag zugegeben werden, dass man in den lyrischen Gedichten Bürgers hier und da die Würde vermisst, von der auch die naivste Poesie sich nicht lossagen darf; aber die naive Tändelei, die dem feierlichen Schiller an Bürgers lyrischen Gedichten missfiel, gehört zu ihrem Wesen und kann nur dem missfallen, der sich überhaupt keine wahre Schönheit ohne eine gewisse Feierlichkeit denken kann.

[S. 24] Neben Goethe war Bürger ohne Zweifel in den siebziger Jahren das bedeutendste Talent. So weit Bürger sich seinem Genius überläßt, ist er wahrhaft gross im Epischen und Lyrischen. Jedoch wie nicht fest im Leben, war er auch haltlos in seinen ästhetischen Ansichten oder vielmehr in den Folgerungen, die er aus ihnen zog.

[S. 25] Um dieselbe Zeit, als Herder seine Stimmen der Völker sammelte und in feinsinnigster Weise übertrug, und Goethe den König von Thule und den Erlkönig dichtete, wucherte in Bürger unausrottbar die aus der bänkelsängerischen Verwilderung des Volksliedes entsprungene Anschauung, als müsse die Ballade eine rührende Schauergeschichte oder eine auf rohe Lachmuskeln berechnete Schwankgeschichte sein. Auch der Ausdruck einer gemeinen und zurückstossenden Leidenschaftlichkeit schien ihm nur zur Wahrheit und Wärme des poetischen Colorits zu gehören, und oft wird mit schamloser Offenheit Alles, was Sittlichkeit und Sitte vor Aug´ und Ohr verhüllen, der Anschauung bloss gestellt, so dass die Wellen der Luft hoch gehen und weit über die Ufer schlagen. Solche Mordgeschichten wie ´des Pfarrers Tochter von Taubenheim´ sind bloss geschmacklos; aber die schmutzige Erzählung von ´Veit Ehrenhold´ und ´die Königin von Golkonde´, ferner ´die Frau Schnips´, gegen welche der naive Volksschwank von Hans Pfriem ein wahrer Juwel ist, sind ein moralischer Flecken, und ihnen gleichen Bachus, Fortunens Pranger, der Raub der Europa, die Menagerie der Götter.

[S. 29] Von seiner verzehrenden Liebesgluth und Leidenschaft wird er nicht selten in seinen Gedichten verzehrt, und sie sind nicht bloss der Gegenstand, den er besingt, sie sind leider auch der Apoll, der ihn begeistert. Die Schwüle brünstiger Genusssucht, nicht die Heiterkeit ´lieblicher Sinne´ schwebt selbst über vielen sonst so schönen Liebesliedern. Daher entwickelt sich Bürgers erotische Poesie nur allzu sehr zur Besonderheit, so dass selbst jenes in seiner Art vollendete grosse erotische Gedicht, das hohe Lied auf Molly, sich gegen den Abend eines abenteuerlichen Lebens hin ganz in unpoetisches und zufälliges Detail hineingewühlt hatte.

[S. 30] Bürger jedoch versteht es nicht, sich und seiner Leidenschaft fremd zu werden, den Gegenstand von seiner Individualität loszuwickeln, seine Leidenschaft aus einer milderen Ferne anzuschauen, um das in ihr liegende tragische Element durch eine höhere Weltanschauung zu versöhnen und zu idealisiren."

Krembs Dissertation in der ONLINE-BIBLIOTHEK

 

1875

Dilthey, Wilhelm. G.A. Bürger und sein Kreis. In: Westermanns Monatshefte Juli 1875, S. 443-448 unter Pseudonym Wilhelm Hoffner, auch in: Die grosse Phantasiedichtung und andere Studien zur vergleichenden Literaturgeschichte. 1954.

“[S. 229] Im Jahre 1791 erschien in der Jenaer Literaturzeitung, damals dem Organ von Goethe, Schiller und Kant, der dominierenden Zeitschrift Deutschlands, eine Kritik des Dichters Gottfried Bürger von Schiller, welche ein ungeheures Aufsehen in der literarischen Welt Deutschlands machte. Schiller instruierte förmlich einen Prozeß gegen den Volksdichter Bürger und den Beifall, den er in der Nation gefunden hatte. Er trat den Beweis an, daß Bürger in intellektueller und sittlicher Beziehung unter dem Niveau der gebildeten Klassen stände, an welche seine Gedichte gerichtet seien. [...] Erklärte er doch, daß nichts in dem intellektuellen oder moralischen Zustande dieser Poeten ihn allzusehr überrasche nach seiner Kenntnis ihrer Gedichte. Und seine Kritik Bürgers griff aus der Herde nur den Kräftigsten, sie gab sich nur als ein erster Anfang, kurz diese Kritik Schillers ist der Ausdruck der tiefsten und gründlichsten Abneigung, welche der große und vornehme Dichter gegen die ganze Gesellschaft lyrischer Poeten hatte, in deren Mitte er leben mußte.
    Die Geschichte hat Schillers Urteil bestätigt. Die Literaturhistoriker möchten immer noch an ihm modifizieren. In Wirklichkeit leben von Gedichten Bürgers heute nur noch ein paar im Bewußtsein der Nation, und das hervorragendste von ihnen, Lenore, lebt ebensosehr durch die unverwüstliche Macht des volksmäßigen Gesanges, nach welchem es gedichtet ist, als durch die ungestüme sprachgewaltige Darstellung Bürgers. Auch Goethe hat ganz wie Schiller empfunden und sich ebenso hart in kurzen Worten über Bürgers Plattheit erklärt; schon der parodistische Sinn ärgerte ihn, ´der das Große und Edle herabzieht und ein Symptom enthält, daß die Nation, die daran Freude hat, auf dem Wege ist, sich zu verschIechtern´ .
   Wenn heute der Prozeß noch einmal instruiert werden sollte, so liegt nun für den Punkt, den Schiller ins Auge faßte, die Persönlichkeit, welche hinter den Dichtungen steht, ein umfassendes Beweismaterial für Anklagen und Verteidigungen vor. Es liegt vor in einer unverkürzten und ganz authentischen Gestalt; wenigstens nur an wenigen Stellen ist das Privateste unterdrückt. Wir verdanken diese Vorlage des ganzen Tatbestandes dem unermüdlichen und erfolgreichen Sammelfleiß von Adolf Strodtmann, welcher in vier Bänden die gesamte erreichbare Korrespondenz Bürgers dem Publikum vorgelegt hat. Das Interesse dieser Korrespondenz reicht aber weit hinaus über die Person Bürgers, ein bedeutender Teil jener dichterischen Generation tritt hier höchst anschaulich und in realistischen Zügen vor das Publikum. Ein guter Teil des allgemeinen Urteils von Schiller über diese poetische Gesellschaft kann hier an ihren Personen bemessen werden.

[S. 232] Und hier macht man eine Erfahrung, welche die Auffassung Schillers in ihrem tiefsten Grunde bestätigt. Alle diese Menschen machen ein Metier aus ihren Gefühlen und deren ergreifendem, starkem Ausdrucke. Sie begrüßen sich gegenseitig als die süßen Minnesänger, singen einander an und sind unermüdlich, sich Momente des gehobenen Gefühls abzulauschen. Einige von ihnen erscheinen in ihrem Leben regellos und glauben der Denkart der meisten Menschen keine Art von Rücksicht schuldig zu sein. In ihrer innersten Betrachtung des Lebens aber sind sie alle Philister, d. h. die Durchschnittsvorstellung des gewöhnlichen Menschen über die Ziele des Lebens und die Durchschnittsschätzung der Güter desselben sind die ihrigen. Dies ist vielleicht der für ihre Beurteilung instruktivste Punkt.

[S. 236] In denselben Tagen, in denen ich diese Korrespondenz las, kamen mir die bei den Biographien des hervorragenden englischen Denkers John Stuart MiIl und des hervorragenden Historikers des alten Griechenland Georg Grote entgegen. Mir war, indem ich diese Biographien las, wie einem, der die schmutzigen und winkligen Gassen einer Vorstadt hinter sich läßt und mit einem Mal den reinen Atem von Berg und Fluß zu sich herüberwehen fühlt.”

Der vollständige Beitrag in der ONLINE-BIBLIOTHEK.

 

1875

Strodtmann, Adolf. Bürger´s politische Ansichte. In Neue Monatshefte für Dichtkunst und Kritik.

“[S.217] Ein glühender Haß gegen Fürstenwillkür, Adelsübermuth, Archonten-Nepotismus und politische Barberei zieht sich durch den ganzen Briefwechsel Bürger´s und Goeckingk´s, wie er sich auch in ihren Gedichten oft genug Luft macht. Bürger´s Zornlied des Bauers “an seinen durchlauchtigen Tyrannen”, dies an Kraft und Kühnheit unübertroffene Vorbild unserer späteren social-politischen Dichtung, entstand lange vor der französischen Revolution.

[S. 221] Es versteht sich von selbst, daß Bürger sowohl wie Goeckingk bei ihren demokratischen Gesinnungen den Ausbruch der französischen Revoluition mit nicht minderem Jebel begrüßten, als Klopstock,[...].

[S.223] Der anfängliche Rückzug der Revolutionsarmee und die ersten Niederlagen derselben im Jahre 1792 hatten Bürger so überrascht und empört, daß er einen Augenblick fast in dem Glauben an die französische Republik irre ward, und sein entrüstetes “Straflied beim schlechten Kriegsanfange der Gallier” dichtete, das er mit dem verwandten Epigramm “Unmuth” im Musenalmanache auf das Jahr 1793 drucken ließ. Letzteres lautete:
   Der Henker hole sie, die schönen Seifenblasen
   Von euerm Freiheitsmuth und seiner Riesenkraft,
   Wenn beides schon im ersten Kampf erschlafft!
   Mit Fäusten schlagt den Feind und nicht mit Rednerphrasen!”

Bürger´s politische Ansichten von Strodtmann in der ONLINE-Bibliothek.

 

1875

Grisebach, Eduard. Die Deutsche Literatur 1770-1870.

 “[S. 133] Bürger´s Lenore und die andern haupt-balladen sind zugleich ächt volksmäßig, d.h. nationaldeutsch, vom englischen charakter wesentlich verschieden, und zeigen überall im hintergrunde die individualität des denkenden kunstdichters. Beides gilt von seinen andern lyrischen gedichten in gleichem masse.- Der wilde Jäger stellt die noch heute lebendigen, ebenfalls uralten volksvorstellungen reiner dar, in trefflicher konkreter gestalt und in ebenso glänzender künstlerischer form, wie sie die Lenore auszeichnet. Die onomatopoetischen ausrufe in beiden gedichten kann nur die überweisheit tadeln; Walter Scott bildete sie vorzüglich nach:  
              Tramp! tramp! along the land they rode
              splash! splash! along the sea.”
Ja, der deutsche literaturhistoriker kann hier mit stolz verzeichnen, dass diese beiden werke von dem grossen Walter Scott in´s Englische übersetzt sind, welcher mit ihnen seine schriftstellerlaufbahn eröffnete “The chase and William and Helen, two ballads from the german of G.A. Bürge. Edinburgh and London 1796”. Dass Goethe und Bürger sogleich in die sprachen des auslands übertragen wurden, verbrieft uns erst das wirkliche dasein einer neuen deutschen literatur.”

Grisebachs Deutsche Literatur 1770-1870 in der ONLINE-Bibliothek.

 

1875

Loeper, G. von. Anmerkungen zu Dichtung und Wahrheit. In: Goethe's Werke. Dreiundzwanzigster Theil, Berlin. Digitalisiert von Google

“[S. 162] 645. Bürger's Lenore (S. 28) erschien wenige Monate nach dem ´Götz´ im Herbst 1773 (Gött. Mus.-Alm. v. J. 1774). Auch Goethe nahm das Gedicht mit Enthusiasmus auf (vergl. die Briefstelle in Anm. 456). André's Komposition für eine Singstimme ward von Bedeutung für die Entwicklung des deutschen Liedes. Die Ballade ist (uns liegt die 2te verbesserte Auflage vor, Berlin bei Maurer 1782, 33 Seiten) dramatisch behandelt, ganz durchkomponirt, mit Wechsel der Tonart und des Tempo und den Wendungen des Gedichts entsprechender, jedoch mäßiger Tonmalerei. Die Komposition bildet so einen etwas naturalistischen Vorläufer von Schubert's ´Erlkönig´. Sie setzte die Zeitgenossen in Entzücken und erschien ihnen wie eine neue Offenbarung. Biester schreibt darüber an Bürger im Winter 1776: ´Kennst Du schon Deine L enore von A ndré in Musik gesetzt? Du glaubst nicht, was beide Gerstenberg für hohe musikalische Talente haben. - Sie spielte, und sie und er sangen; denn die Lenore ist als Duett gesetzt [ist nicht richtig; jedoch werden die Ehegatten die Worte Wilhelm's und Lenorens unter sich vertheilt haben]. O Bürger! Bürger! Wärst Du doch da gewesen! Solche Herrlichkeit der Musik, solche Kraft des Gesangs! Wie jeder Gedanke ganz ergriffen ist und ganz ausgedrückt! Voll Wahrheit! Voll Natur! Einige Stellen sind über allen Ausdruck vortrefflich. Wie hat's mein Herz gelabt! Und wie entzückte mich's, dabei an Dich zu denken´ (Strodtmann's Bürger, Nr. 288).

Die Aeußerung Ewald's über Goethe's Deklamation in Anm. 400 bezieht sich eben auf die damalige Zeit, mithin vorzüglich auf den Vortrag der ´Lenore´.”
 

1875

Röper, Paul. Tanne. In: Bilder aus Mecklenburgs Vor- und Jetztzeit, Wien. Digitalisiert von Google

“[S. 1] Und wenn sie gefällt ist, da liefert das gesägte Brett das Material zur Wiege, zum Bett, zum Tisch, auf dem das Mittagsbrot aufgetragen, und zum Sarge.
    Zum Sarge!
Zwischen den Brettchen der Wiege und zwischen den ´sechs Brettern und zwei Brettchen´ des Sarges, welch´ ein unbegrenzter Strom von Wünschen und, Hoffnungen und Gedanken, welche Fluth von Liebe und Ehrgeiz, von Habsucht und Wissensdrang!
   Sechs Bretter und zwei Brettchen.”

 

1875

Thiele, H. Kaiser und Papst. In: Freimund's kirchlich-politisches Wochenblatt für Stadt und Land, Donnerstag, den 18. Februar. Digitalisiert von Google

“[Sp. 51] Die Bischöfe werden ihre Strafe erleiden und harren. Am wahrscheinlichsten ist es uns, daß es schließlich damit gehen wird, wie es im Liede heißt: ´Der König und die Kaiserin des langen Haders müde, erweichten ihren harten Sinn und machten endlich Friede.´ Wir wünschen von Herzen, auch diese Friedensglocken noch läuten zu hören und - je eher, desto beßer. Dominus providebit (der Herr wird's versehen)! - -”

 

1875

Kipper, Hermann. Dritte Scene. In: Kellner und Lord: komische Operette in 1 Akt , Leipzig. Digitalisiert von Google

”[S. 8] Zuerst: großes Festessen und Liedertafel, darauf: theatralische Vorstellung, und zuletzt: Tanz. Dann fahren sie endlich, wie Leonore, ums Morgenroth heim und ich - krieche todtmüde um dieselbe Zeit oder noch etwas später in mein Dachkämmerlein. Welch' geplagtes Leben führt doch ein armer Kellner!”

 

1875

Grosse, Julius. Dritter Gesang. In: Abenteuer des Kalewiden, Leipzig. Digitalisiert von Google

“[S. 43]    [...]
     Von des Abends Schultern streute ihren letzten Purpurschimmer
     Scheidend noch herab die Sonne; hie und da im Glühwurmflimmer
     Ließ vom Wipfel bald der Birken, bald der ruhelosen Espen
     Sich ein Vogel noch vernehmen; Bienen schliefen längst und Wespen,
     Doch als wiederkam die Sonne, roth den Birkenwald zu säumen,
     Fuhr empor der Kalewide, fuhr empor aus schweren Träumen
     Und dann sprang er auf die Fersen, kämmt' mit Fingern sich die Locken,
     Schleuderte den Schlaf zum Walde, der beschneit mit Blüthenflocken.
         [...]”

 

1875

Grimme, Friedrich W. Fünfte Scene. Meister Fastabend in seiner Stube. In: De Kumpelmäntenmaker, Münster. Digitalisiert von Google

“[S. 69] Wann ik niu sau 'n recht schoin Versken wüßte van der Liebe! Wachte! ik konn ase Junge sau 'n nett Laid, do kam en Wyiwesmenske in füär, dat hette Lenörken. Niu wachte: biu hett doch dat Versken? - Richtig: (er schreibt und spricht) ´Holla, holla! thu' auf, mein Kind! schläfst, Liebchen, oder wachst Du? Wie bist noch gegen mich gesinnt? und weinest oder lachst Du?´ - Dat passet niu äinzig! In diär Froge is eigentlich alles saggt, bat ik selwer frogen woll. ´Thu auf, mein Kind!´ . . . dat is ungefähr datselftige, ase wann ik säggte: ´Brümme is de Kükendüähr ümmer tau?´ Un: ´ schläfst, Liebchen, oder wachst Du?´ Dat is sauviel ase: ´brümme hör' ik un saih' ik nix van Dyi?´ - ments finner iutgedrücket . . . do kann't op riuken! - ´Wie bist noch gegen mich gesinnt?´- Dat is en Woort, do hanget tain Punt an. Biu bist Diu gesinnet? Fröntlik? hiärtlik? holdsiällig? liebreich? anmaidig? - Ik huapp' et, ik huapp' et. Un bist Diu gesinnet, moren met no'm Büreau te gohn? Ik huapp' et. - ´Und weinst Du oder lachst Du?´ Schoin! Do sett' ik iut eigner Invänz ments nau ächter: ´Und bist Du roth oder todt?´ Schoin! et lutt. (Pause)”

 

1875

Schlögl, Friedrich. Aus dem "Loch" (März 1869.) In: "Wiener Blut." Kleine Culturbilder, Wien. Digitalisiert von Google

“[S. 311] Diese Fragmente einer Muster-Schmiere, die Ueberreste einer Deklamations-Armada, die in Luttenberger- und Kerschbacher-, Villaner- und Karlowitzer-Fluthen nicht unrühmliche Siege erfocht und nur auf den Sandbänken bei Schwechat auffuhr, resp. in der prosaischen Zone der Müller kein kunstsinniges Auditorium fand, sahen allerdings ein Bischen trübselig aus. Ich frug sie um ihr Repertoire. Sie huldigten noch der alten Schule und waren nur auf ´Pfefferrösel´, ´Fridolin,´ ´Lenore´ und ´Wer wird Amtmann?´ eingerichtet. ´Lenore´ gaben sie, wie sie versicherten, besonders schön. Auf einem Zettel stand es auch schwarz auf weiß gedruckt: ´Zum Schlusse der Vorstellung erscheinen Wilhelm und Lenore als Gespenster zu Pferde bei bengalischer Beleuchtung.´ Dennoch glaube ich, fanden die Aermsten diesmal kein Engagement, wenn sie nicht etwa für das ´Herkulanum´ gewonnen wurden, dessen Prinzipal die disponiblen Kräfte eindringlich musterte.”

 

1875

Türkei, Pera, 21 Dec. In: Allgemeine Zeitung, 28.12.

“[S. 5622] In seiner äußeren Form ist es ein Befehl des Sultans an den Großwessier, es ist ein Kaiserwort, das ´man nicht drehn noch deuteln soll;´ aber auch ohne diese wohlbegründete Scheu vor Nergeleien fürstlicher Worte kann selbst die schärfste Kritik dem Inhalt nur beistimmen.”
 

1875

Victor Emanuel Öman, 1833–1904. In: Svenskt översättarlexikon

“I sin vittra gärning blev Öman emellertid allt mer av en underhållare: i Allehandas veckoblad skrev han populära humoresker, och en av hans mest omtryckta översättningar var G.A. Bürgers Baron Münchhausens märkvärdiga resor och äfventyr till lands och vatten (1875), utgiven i nya upplagor ännu hundra år senare.”

 

1875

Hübner, P. 4. Scene. In: Unglückliche Familienverhältnisse, Posse mit Gesang in 1 Akt, Berlin

“[S. 9] Poppe. Gut denn, ich wasche meine Hände in Unschuld!
Wenn aber Leonore verzweifelnd um's Morgenroth fahren sollte, dann verlange nicht, daß ich die dazu benutzte Nachtdroschke aus meiner Tasche bezahle.”

 

1875

Verschiedenes. In: Allgemeine Zeitung, 14.01.

“Aus Coburg vom 26 Dec. schreibt man uns: ´Gestern kam am hiesigen Hoftheater bei gedrängt vollem Hause die neue romantische Oper des Mozarteum-Directors Dr. Otto Bach in Salzburg: ´Leonore´(frei nach Bürgers Ballade) zur ersten Aufführung. Sie hatte einen glänzenden Erfolg; nicht nur wurde der Componist nach jedem Act, sondern es wurden auch die Darsteller wiederholt während der Scene gerufen. Der Herzog überreichte dem Componisten in vollster Anerkennung seines Werkes heute das Ritterkreuz des Ernestinischen Haus-Ordens mit der Krone. Am 30 Dec. fand die zweite Aufführung der Oper statt."
 

1875

G. H. Die neueste musikalisch-dramatische Literatur. In: Beilage zur Allgemeinen Zeitung, 11.09.

“[S. 3986] Der artistische Director des Mozarteums zu Salzburg, Dr. Otto Bach, hat eine neue romantische Oper ´Leonore´ frei nach Bürgers Ballade in 3 Acten geschrieben, welche in Coburg mit günstigem Erfolge zur Aufführung kam und dem Componisten eine Decoration seitens des Kunstsinnigen Herzogs einbrachte. Die Oper charakterisiert sich in ihrer populär-deutschen Volkssagenform als ein Ausstattungsoper und zeigt gute Beherrschung des Opernapparats und Formgewandtheit.”
 

1875

Durlacher Wochenblatt : Tageblatt 30.12.1875


"Verschiedenes.
— Geduld, Geduld, wenn'» Herz auch bricht, lieber Kaufmann, damit es dir nicht geht, wie deinem Collegen in Görlitz. Zu dem kommt ein Fremder, um eine Brille zukaufen."

 

1875

Dresdner Nachrichten 7.6.1875


"Der durch das Sieden entstehende widerliche Geruch ist geeignet, auch die stärksten Nerven zu erschüttern. Die Bewohner des vorderen Theils der Pirnaischen Straße können ein Lied davon singen! - Wir auch: doch der Kampf gegen Windmühlen ist stets ein vergeblicher gewesen. Geduld, Geduld, wenn's Herz auch bricht usw."

 

1875

Anzeige. In: Fürther neueste Nachrichten für Stadt und Land 9.10.

1875 09 10 Fürther neueste Nachrichten für Stadt und Land

1875

Anzeige. In: Weißeritz-Zeitung 20.03.

1875 Weißeritz-Zeitung 20.03.

1875

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 12.10.

1875Leipziger Tageblatt und Anzeiger 12.10.

1875

Anzeige. In: Pfälzische Volkszeitung 15.02.

1875 Pfälzische Volkszeitung 15.02.

1875

Köhler,Louis.  Anton Rubinstein und seine neuesten Claviercompositionen  In: Neue Berliner Musikzeitung 21.1.1875

"Es erschienen kürzlich (bei B. Senff in Leipzig) eine Anzahl von neuen Rubinstein'schen Compositionen, welche nach meiner Ansicht die eigene Natur desselben nach den verschiedensten Richtungen hin abspiegelt, und es sei vergönnt, hier zunächst seine Ballade 'Leonore' nach Bürger (Op. 93 Cah. 1) zu betrachten. Der Componist hat in dieser Composition ein Tongemälde geschaffen; das, voll wechselnder scharf ausgeprägter Stimmungen, bei entsprechendem Vortrage von 'packendem' Effect ist. Der Zuhörer darf indessen nicht das B ü r g e r' s c h e Gedicht im Sinne haben, um die Musik genau nach demselben zu deuten; denn Rubinstein folgt hier, ganz seiner Natur gemäss, dem freien musikalischen Zuge, freilich auf der Grundstimmung des Gedichts. Die Musik beginnt mit einem Andante in B-moll 6/8 Tact, das vielleicht den traumerfüllten Schlummer der Leonore ausdrücken soll; es folgt die leise Andeutung eines Marsches und diesem dann erst das Auffahren der Leonore 'aus schweren Träumen', womit Bürger sein Gedicht beginnt. Ein ansprechender, sich bis zum Pompösen steigernder und dann leise verziehender Marsch versinnlicht uns den Einzug der rückkehrenden Krieger; ein kurzer Recitativsatz, der verzweiflungsvoll ansetzt und wimmernd endet, leitet in eine leidenschaftlich bewegte Melodie, welche immer lebendiger wird und in ein Allegro von empfindungsvoll sprechendem declamatorischem Charackter ühergeht; das Ende desselben ist eine Art Aufschrei in einem kurzen gellenden Tremolando, dem ein gänzlich ermattetes Zusammenbrechen folgt, das an Entschlummerung der Leonore gemahnt. Jetzt aber regt sich's gespenstisch, es huscht, es trappelt und sauset, dann klingt es wie furchtbare Posaunenstösse; der Lärm beginnt auf's Neue, wird immer toller, und bis zur Raserei jagt es in entsetzlicher Flüchtigkeit, weit und immer weiter; dazwischen tönt eine sprechende Stimme, aus der Luft, aus der Erde, grauenhaft umtoset von aufgeregten Massen, bis sich diese in mächtigen festen Accorden zusammenballen und das Drama, wie mit einem Sturz in die Tiefe hinab, endet.–-
   Man deute hiernach selber und man wird zwar einige Freiheit in der scenischen Anordnung, aber dennoch ein stark realistisch wirkendes Tonbild in der Ballade finden. Dieselbe ist bis zum Beginn des Todtenrittes auch von normalen Spielern gut zu bewältigen, aber von hier an wird ein mehr als gewöhnlich sattelfester Flügelmann verlangt, der die Massen im schnellsten Tempo zu bewältigen vermag und aus der Etudensphäre erhebt zu geistigem Effect. Interessant ist bei dieser Ballade, zu wissen, dass Rubinstein der Componist der Symphonie 'Ocean', sich als ein Gegner der Programmmusik zu erkennen gab, als einst die Rede auf diese kam. Aber auch in diesem Zuge erkenne ich den 'Musiker' in Rubinstein, der rein in seiner Tonwelt lebt und selbst nicht weiss, was von Aussen hineingeräth. Passt doch auf geniale Musiker ganz besonders das Wort, 'sie wissen nicht was sie thun.'“


 

1876

Hettner, Hermann Julius Theodor. Gottfried August Bürger. In: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3, Seiten 595-600

“[S.600] Aber man thut Unrecht, wenn man im Hinblick auf diesen scharf ausgeprägten volksthümlichen Zug vorzugsweise immer nur die Balladen Bürger’s ins Auge faßt; höher noch steht seine Lyrik. Gewiß gehört die Lenore zu den schönsten Perlen deutscher Dichtung; ein solches Hereintreten in die Tiefe der Gemüthswelt und in die düstere Region des Nächtlichen und Gespenstigen kann nur dem Auserwählten gelingen; aber trotz aller Macht und Pracht der Gestaltung stört die moralisirende lehrhafte Fassung des Grundmotivs und stört insbesondere auch die spielende Ueberladung der Tonmalerei, die dem schlichten Naturlaut des Volksliedes widerspricht. Und die späteren Balladen Bürger’s, so reich auch sie an markigen Zügen sind, zeigen doch leider nur eine sich steigernde Vergröberung in das Platte und Burleske. Um dieselbe Zeit, da Goethe den „König von Thule“ und den „Erlkönig“ dichtete, wucherte in B. noch unausrottbar die aus der bänkelsängerischen Verwilderung des Volksliedes entsprungene Anschauung, als müsse die Ballade durchaus eine rührende Schauergeschichte oder ein auf rohe Lachmuskeln berechneter Schwank sein. Die Lyrik Bürger’s dagegen hat gar manches Lied, das sich an Tiefe der Empfindung und an Schmelz und Wohllaut des Verses dem schönsten anreiht, was deutsche Dichter gesungen. besonders gilt dies von den Liedern an Molly, vorausgesetzt, daß man sie in ihrer Urgestalt liest, bevor eine durch Schiller’s bittere Kritik veranlaßte überängstliche Feile sie abschwächte und verkünstelte. In diesen Liedern und Sonnetten ist eine Gluth und Zartheit, eine Ausgelassenheit jubelnder Lust und Munterkeit, deren süßem Zauber sich keiner entziehen kann. Nur selten werden schmerzvolle Töne angeschlagen und dann nicht in koketter Zerrissenheit, sondern immer nur mit dem tief elegischen Sehnen nach Friede und Versöhnung. B. ist einer der Größten der Sturm- und Drangperiode und zugleich eines ihrer unglückseligsten Opfer.”

 

1876

Hoefer, Edmund. Von der Stiftung des Hainbundes bis zur Rückkehr Goethe´s aus Italien (1788). In: Deutsche Literaturgeschichte für Frauen und Jungfrauen. Stuttgart

“[S. 105] Denn dieses, sein dichterisches Talent ist von der Art, daß wir unter unseren Dichtern nur wenige seines Gleichen und kaum eines oder
ein paar finden, die ihm wirklich überlegen gewesen sind.

[S. 106] Ueber seine Schwächen und Verirrungen wollen wir den Schleier des Schweigens und Vergebens decken. Sagen wir nur das Eine, daß es unter unseren großen Dichtern fast nur einen oder zwei gibt, welche von den ebenen und zahmen Pfaden des Lebens in der Glut und Leidenschaft der Jugend nicht einmal ungestüm auf die wilden und rauhen hinübergeschweift sind. Was ihnen zu Hülfe kam und sie rettete, günstige Verhältnisse, eine gesellschaftliche Stellung, nachsichtige und thätige Freunde - dem armem Bürger ist von dem allen wenig oder nichts zu Theil geworden. - Das wollen und dürfen wir nie vergessen. [...]
   Seine ´Lenore´ dagegen ist eine ureigene Schöpfung seines Geistes, ein mächtiges, nie wieder erreichtes Werk, das seinen Ruhm mit einem Schlage begründete und heut wie damals als ein Kleinod unserer gesammten Dichtung erscheint. Selbst Bürger hat, was er hier erreichte, niemals wieder zu Stande gebracht, obschon er noch manches Gute - z. B. ´Das Lied vom braven Mann´ - geliefert hat.
   Einen fast noch höheren Werth müssen wir Bürgers Lyrik zugestehen, nur muß man es bei ihm noch entschiedener als bei manchem anderen Dichter festhalten, daß man diese Lieder in ihrer ersten Gestalt liest, bevor die spätere Bearbeitung den ursprünglichen frischen Duft und Reiz von ihnen fortkünstelte. Dann finden wir in ihnen, zumal in den Liebesliedern, diesen Duft und Reiz, eine Tiefe der Empfindung, eine glückselige Heiterkeit, einen Wohllaut des Verses, sie sich dem Schönsten an die Seite stellen, was wir besitzen. Der arme Bürger, dem das Leben schwerer bettete, als irgend einem Anderen, weiß nichts von dem gemachten Weltschmerz und all den eingebildeten Herzensjammer, die später auch unsere Poesie zu einem Jammerthal gemacht haben, und wo einmal die Klage laut wird, ist auch sie voll Wahrheit und ein ächter Schmerzenston des Herzens. - Das Sonett endlich hat Bürger nach langer Ruhe zuerst wieder aufgenommen und zu einer Vollendung erhoben, die noch heute nicht übertroffen ist. - Mit einem Worte, Schiller, der in einer bittern Recension Bürger herab- und sogar unter den Vers- und Reimspieler Matthisson setzte, hat Bürger weder von seiner Stelle in unserer Poesie, noch aus dem Herzen seiner Nation zu verdrängen vermocht, sondern zeigt nur, wie auch ein großer Geist sich einmal verirren und zur vollen Ungerechtigkeit steigern kann.“

 

1876

Jugler, August. Anmerkung. In: Aus Hannovers Vorzeit, Hannover. Digitalisiert von Google 

“[S. 15] Von dem Mißbrauch des Chargenschmauses in Hannover zu einer späteren Zeit handelt ein in etwas derbem Geschmack verfaßtes, nach der Melodie: Lenore fuhr um's Morgenroth usw. zu singendes Lied: ´Für zwei Schillinge Gelbe Erbsen mit Speck oder der Chargen-Schmaus auf dem Walle zu Kapadozia."

Bereits 1872 war folgende Meldung zu lesen:
“Gaedechens, C. F. Die Eintheilung der Bürgerwache in Kolonellschaften. In: Hamburgs Bürgerbewaffnung: ein geschichtlicher Rückblick, Hamburg.  
´[S. 19] Den Chargen erwuchsen mancherlei Unkosten durch die vielen Schmausereien bei den Wachtzügen, denn jeder, der eine Charge erhielt, mußte eine Chargenmahlzeit geben.1)

1) Persiflirt ist eine solche in: Gelbe Erbsen mit Speck oder der Chargen-Schmaus a. d. Walle z. Kapadozia. Aus dem Chaldäischen versifizirt v. Hieronymus Knicker. 1800.´

 

1876

Andrássy, Gyula. Nach den Delegationen. In: Fünf Jahre Andrassy'scher Staatskunst und die Orient-Politik Oesterreich-Ungarns. Digitalisiert von Google

"[S. 39] Es wird dies auch auf Commando von der Herrengasse, vom Judenplatz und vom Ballplatz geschehen, — wir sind darauf gefasst — wohl bekomms! Es sind die schlechtesten Früchte nicht, an welchen solche Wespen nagen. Man wird sich verwahren gegen das Lob, das bisher dem Grafen Andrassy ertheilt wurde, man wird zu verstehen geben, dass selbst Lob und Anerkennung nur dann willkommen und vom Vortheile sind, wenn sie innerhalb der von den Directiven gesteckten Grenzen sich streng correct und orthodox bewegen, [...].”

 

1876

Berichte. Leipzig, 29. Januar. In: Allgemeine Musikalische Zeitung, 9. Februar 

“[Sp. 93] Der Symphonie von Götz folgte noch eine Novität »Leonore«, eine Ballade für Pianoforte solo von A. Rubinstein, welche ebenfalls ein Kind ihrer Zeit genannt werden könnte, insofern Bürger's »Leonore« bei den jetzigen Tonsetzern als Stoff für die musikalische Behandlung en vogue ist. Die Hauptmomente der Dichtung finden sich in dieser Ballade in greifbarster Weise zur Darstellung gebracht. Jedoch möchten wir dies "greifbar« nur auf das Tonstück selbst, nicht auf dessen technische Ausführung beziehen; denn hier war es, wo Herr Rubinstein seine ganze Bravour einsetzte und seiner Kraft freien Lauf liess, sodass buchstäblich »Kies und Funken stoben« und selbst der herrliche Flügel (aus der Hof-Pianofortefabrik von C. Bechstein in Berlin) unter den Händen des Künstlers erseufzte und stellenweise seinen Dienst versagte. Durch laute Zurufe der versammelten Menge noch zur Zugabe von zwei kleineren Stücken genöthigt, spielte der hochgefeierte Gast in denselben nun mit eben so viel Delicatesse, wie er in jener Ballade eine hart an die äusserste Grenze des Schönen streifende Probe virtuoser Kraft und Ausdauer gab.”
 

1876

Anzeige. In: Bozner Zeitung 31.10.

1876 Bozner Zeitung 31 10

1876

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 26.11.

1876 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 26 11

1876

Anzeige. In: Berliner Börsen-Zeitung 06.09.

1876 Berliner Börsen-Zeitung 06.09.

1876

Anzeige. In: Dresdner Nachrichten 10.12.

1876 Dresdner Nachrichten 10.12.

1876

Anzeige. In: Düsseldorfer Volksblatt 08.03.

1876 Düsseldorfer Volksblatt 08.03.

1876

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 26.11.

1876 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 26 11

1876

Anzeige. In: Zweibrücker Zeitung 15.12.

1876 Zweibrücker Zeitung 15.12.

1877

Strodtmann, Adolf. Aus Bürgers Amtmannsleben. In: Berliner Sonntagsblatt. Gratis-Beiblatt. 24.Juni

„[S. 197] Ich habe im Laufe der Jahre ein umfangreiches Aktenmaterial zur Aufhellung dieser dunklen Partie in Bürgers Leben gesammlet, das ein grelles Licht auf den schmachvollen Zustand kleinstaatlicher Gerichtspflege im vorigen Jahrhundert wirft; ich will an dieser Stelle Einzelnes daraus mittheilen. Viel Leidwesen verursachten Bürger die im Lande herumziehenden fremden Werber, welche manchen kräftigen jungen Burschen seines Gerichtssprengels mit List oder Gewalt in ihre Netze lockten und, nachdem sie ihn betrunken gemacht, bei Nacht und Nebel über die Grenze schleppten. Derartige Vorgänge brachten den unglücklichen Dichter mehr als einmal in scharfen Konflikt mit einem seiner nächsten Vorgesetzten, dem ihm besonders feindlich gesinnten Obristen Carl August Wilhelm von Uslar, der zu wiederholten Malen seine eigenen Unterthanen durch seine Werber zum Soldatendienste in seinem zu Münden stationierten Regimente pressen ließ. Mit unerschrockener Pflichttreue nahm Bürger in solchen Fällen die Rechte der ihm anvertrauten Untergebenen wahr und ließ sich durch keine Drohungen einschüchtern. So gelang es ihm einmal  durch energisches Einschreiten die Befreiung eines schwächlichen Schneiders zu erwirken, dem die Werber im Rausche die Montur angezogen und das Handgeld in die Tasche gesteckt hatten.“

Strodtmanns Bürgers Amtmannsleben in der ONLINE-BIBLIOTHEK.

 

1877

Duboc, Julius. Bürger´s Charakter in seinem Liebesleben. Eine psychologisch-ethische Studie.
In: Gegen den Strom. 

“[S.19] Bürger war, wie auch Boie von ihm rühmt, im Ganzen eine zu biedere Natur, um sich von vornherein mit jesuitischen Deutungskünsten selbst um das Bewußtsein und das Gefühl seiner Pflichten zu betrügen. Erst später, nachdem er dieselben einmal über Bord geworfen, versucht er es gelegentlich mit einer entstellenden oder beschönigenden Wendung. Aber der anfänglich schwere Kampf, den er gekämpft, bezeugt, wie hoch ihm das Heiligthum der Pflicht stand, wie theuer ihm das sittliche Ideal war: so zu handeln, wie ihm die gewissenhafte Erwägung dessen, was er Anderen schuldig war, vorschrieb. Es drückte gewiß sein innerstes Empfinden aus, als er 1777 - die Stelle ist weiter oben bereits mitgetheilt worden - an Sprickmann schrieb: “Ich darf nicht einmal wünschen, denn die Wünsche, die allein zu meinem Heil abzwecken könnten, scheinen mir schwarze Sünde , wovor ich zurückschauere.” In seinem Verhältniß zu Doretten handelte es sich ja auch nicht blos -dies darf man nicht übersehen! - um das Halten eines Gelöbnisses, weil dasselbe nun einmal gelobt worden war, nicht blos darum, daß einem zu Recht bestehenden Anspruch genügt wurde, weil derselbe nun einmal zu Recht bestand, sondern gleichzeitig darum, daß, indem Bürger dem magnetischen Zug der Leidenschaft für Molly folgte, er ein ihm ganz in Treue ergebenes, seinem Wort vertrauendes Herz aufs Schwerste, vielleicht (wie dies der Ausgang denn auch bestätigte) unheilbar, bis auf den Tod verwundete. Jede edelmüthige Regung seines Innern, jeder loyale und großmüthige Gedanke seiner Seele stand daher auf Seiten Dorettens, es war kein irgendwie verblaßtes und verkümmertes, sondern das volle sittliche Ideal, welches ihm innerlich zurief: Dort ist Deine Stelle und wenn Du dort wankst, so verräthst Du Alles, was Pflicht, Mannesehre und Großmuth von Dir heischen.

[S.21] Ein tragisches Schicksal, “der Conflictsfall zwischen zwei gleich mächtig wirkenden Potenzen im Innern des Menschen”, war entstanden und mochte Bürger nun Molly für Dorette oder dieser für jene entsagen, mochte er dem Heiligthum des sittlichen Ideals oder dem Heiligthum seiner neu erstandenen Liebe Treue halten, immer konnte er den ethischen Vollgehalt seiner Natur nur dadurch bewähren, daß der Conflict sich an ihm tragisch vollzog, d.h. daß er in demselben zu Grunde ging, daß sein Lebensschiff an den unlösbaren Widersprüchen wie an Felsenriffen völlig scheiterte oder zum entmasteten Wrack wurde. Das Umgekehrte vollzog sich aber : Bürger rettete sich und ließ Dorettens Lebensschiff zu Grunde gehen.”

Bürgers Liebesleben von Duboc in der ONLINE-Bibliothek.

 

1877

Anonym. Eine weibliche Reise nach Suez. In: Fliegende Blätter, Nro. 1704. München. Digitalisiert von Google

“[S. 91] Die Kabylen sprengten in sausendem Galopp über die Oase. Der Erste derselben packte mich im Vorüberreiten bei meinem Schwanenhalse und hob mich zu sich auf sein schnaubendes Roß. Der Zweite ergriff den staunenden Professor, der Dritte die lautschluchzende Nettel, der Vierte den schlafenden Mohren, der Fünfte, Sechste und Siebente unsere Bagage, der Achte, Neunte und Zehnte die Zügel unserer Kameele, und ´hopp, hopp, hopp gings fort im sausenden Galopp, daß Roß und Reiter schnoben und Kies und Funken stoben.´ Wie lange wir fortgeritten waren, weiß ich nicht. Mein Entführer war ein sehr hübscher, junger Mann mit kohlschwarzem Barte und glühenden Augen. “

 

1877

Herwegh, Georg. Ballade vom verlornen König. In: Neue Gedichte von Georg Herwegh. Milwaukee, Wisc. Digitalisiert von Google 
 
“[S. 158]    [...]

In Baiern, da war große Noth;
Der Pfordten fuhr ums Morgenroth
Empor aus schweren Träumen,
Fuhr nach den Königsräumen
Und suchte hin und her:
In Baiern ist kein König mehr.
    [...]
Laut jubelt Bajuwaria,
Da sie den König wieder sah,
Mit Fußvolk und mit Reisigen.
Gottlob! daß von den Dreißigen
Nicht eine einz'ge Majestät,
O Michel, Dir verloren geht.”


 

1877

Dresdner Nachrichten 5.2.1877


"'Können Sie nicht vermitteln, daß während der Hundesperre die Thiere die Woche wenigstens zwei Ausgehtage erhalten, wo sie ohne Herrn oder Bindfaden ausgehen können?' —
   Geduld, Geduld, wenn's Herz auch bricht,
   Ihr Hunde, beißt den Stadtrath nicht!
   Gebt täglich flink im Hundetrab
   Am Rathhaus Eure Karten ab!"

 

1877

Anzeige. In: Hallesches Tageblatt 9.2.

1877 Hallesches Tageblatt 09 02

1877

Anzeige. In: Berliner Börsen-Zeitung 16.12.

1877 Berliner Börsen-Zeitung 16.12.

1877

Anzeige. In: Nachrichten für Stadt und Land Oldenburger Zeitung für Volk und Heimat 13.12.

1877 Nachrichten für Stadt und Land  Oldenburger Zeitung für Volk und Heimat 13.12.

1878

Hirsch, Franz. Bürger. In: Illustrirte Literaturgeschichte des deutschen Volkes. Berlin.

“[S. 240] Das große Verdienst Bürgers um die deutsche Dichtung beruht wesentlich darin, daß er im Sinne Herderscher Weltpoesie das volksthümliche Element in der epischen und lyrischen Dichtung, welches seit dem Ausgang des Mittelalters und dem Beginn der Reformationszeit der deutschen Dichtung entschwunden war, wieder und in neuer Form zu Ehren brachte. Eine so nachhaltige und ergreifende Wirkung, wie sie die Bürgerschen Balladen aufweisen, ist neben Goethes und Schillers Gedichten keinem deutschen Poeten beschieden gewesen. So mochte Bürgers Ausspruch: ´die Popularität eines poetischen Werkes sei das Siegel seiner Vollkommenheit´, in seinen Werken lebendige Bestätigung finden.

[S. 241] Dabei unterscheidet sich der Wohllaut Bürgerscher Dichtung von der Correctheit eines Voß ungemein. Jeder Gedanke wird bei Bürger Fleisch und Blut, jeder Vorgang zum lebendigen Bilde. Man denke an die Ballade ´Der wilde Jäger´, die Entführung und die durch reizend schalkhaften Humor ausgezeichnete Umarbeitung eines alten Stoffes, welche unter dem Titel ´Der Kaiser und der Abt´ Gemeingut des deutschen Volkes geworden ist. [...] Es liegt nicht im Raume noch in der Absicht dieser gedrängten Darstellung, alles Gute und Schöne, was deutsche Dichter geschaffen haben, hervorzuheben. So können wir auch von Bürgers reicher Lyrik nur das wunderschöne, mit des Dichters Herzblut geschriebene und sich unauslöschlich ins Herz grabende Gedicht ´Als Molly sich losreißen wollte´, hier erwähnen.“

 

1878

Brehm, Alfred Edmund. Unke: Vorkommen. In: Brehms Thierleben, Siebenter Band. Leipzig. Digitalisiert von Google 

“[S. 501] Bürger weiß das schauerliche der Weise eines ´Geistergesanges´ nicht treffender zu schildern als durch die Worte:
  ´Ihr Lied war zu vergleichen
   Dem Unkenruf in Teichen´,
- gerade, als ob sein Ohr jemals durch den Laut dieser Thiere beleidigt worden wäre. Wahrscheinlich will er weniger seine eigene Ansicht ausdrücken, als Rechnung tragen einem uralten Aberglauben des Volkes, welches mit der Unke und ihrem Leben Bilder des Grauens und Entsetzens verbindet, ohne daß es weiß, warum. Allerdings belebt die Unke sehr gern auch die wasserreichen Stellen des unheimlichen, weil schwer zugänglichen und trüherischen Moores, und in der That klingt ihr Ruf nicht heiter und fröhlich, wie der des Teichfrosches, sondern schwermüthig und traurig: [...].”

 

1878

Pariser Chronik. In: Allgemeine Zeitung, 09.11.

“[S. 4622] Die Tochter Jephta's erwartet mit Seelenangst den nahenden Morgen, der ihr verkünden soll ob ihr Vater und ihr Verlobter siegreich und noch am Leben sind:
     ´Lenore fuhr ums Morgenroth
      Empor aus schweren Träumen:´
Nein doch! Hrn. Guinands Jüdin seufzt lieber:
     ´Etres chéris! . . en cet instant supreme
   Dieu vous a-t-il fait vainqueurs? . . etes-vous vivants meme?´
Sie ist glücklicher als Lenore, deren Geliebter nicht zurückkehrt, denn der junge Held Jair erscheint alsbald zu ihrer Beruhigung.”

 

1878

E. K. Aus Berliner Museen und Gallerien. In: Beilage zur Allgemeinen Zeitung, 29. März 

“[S. 1299] In erster Linie ist jene ´Kindsmörderin´,´ welche G. Max uns zeigt, keinesfalls die rührend liebliche, poesievolle Gestalt der Bürger'schen Ballade, ´Des Pfarrers Tochter zu Taubenheim,´ die man in der zarten Malerei des Dichters sich weit jugendlich knospender, seiner im Körperlichen und seelischer, auch mit einem vielleicht passenden Worte zwingend tragischer vorstellt, als diese bestimmt nicht im ersten Lenz vom Sturm entblätterte Rose, wenn sie überhaupt verdient Rose genannt zu werden und nicht vielmehr Herbstzeitlose!”
 

1878

Pariser Chronik. In: Beilage zur Allgemeine Zeitung, 09.11.

“[S. 4622] Drei Personen, Sélia (Sopran) Jephta's Tochter (Baß), vertreten den Gesang; das Orchester den unausgesprochenen, geahnten Gedanken. Die Tochter Jephta's erwartet mit Seelenangst den nahenden Morgen, der ihr verkünden soll ob ihr Vater und ihr Verlobter siegreich und noch am Leben sind:
  ´Lenore fuhr ums Morgenroth
  Empor aus schweren Träumen:´
Nein doch! Hrn. Guinands Jüdin seufzt lieber:
  ´Étres chéris! . . en cet instant supréme
   Dieu vous a-t-il fait vainqueurs? . . étes-vous vivants méme?´
Sie ist glücklicher als Lenore, deren Geliebter nicht zurückkehrt, denn der junge Held Jair erscheint alsbald zu ihrer Beruhigung.”

 

1878

Anzeige. In: Rosenheimer Anzeiger 1.11.

1878 01 11 Rosenheimer Anzeiger

 

1878

Anzeige. In: Klagenfurter Zeitung 24.3.

1878 Klagenfurter Zeitung 24 03

1878

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 6.2.

1878 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 06 02

1878

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 8.8.

1879 Leipziger Tageblatt 09 02

1878

Anzeige. In: Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung 18.04.

1878 Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung 18.04.

1878

Anzeige. In: Erzgebirgischer Volksfreund 30.04.

1878 Erzgebirgischer Volksfreund  30.04.

1878

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 01.02.

1878 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 01.02.

1878

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 21.08.

1878 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 21.08.

1878

Anzeige. In: Nachrichten für Stadt und Land Oldenburger Zeitung 02.04.

1878 Nachrichten für Stadt und Land  Oldenburger Zeitung 02.04.

1879

Karlsruher Zeitung 10.8.1879

"Pessimisten.
Was weiter geschah, weiß ich nicht zu sagen. Ich nahm wie der bekannte Herr Urian Hut und Stock, zwickte den von dem einen aus den andern Fuß hüpfenden Franz huldvoll in die Wange, tröstete höhnisch: 'Geduld, Geduld, wenn's Herz auch bricht' und war mit einem Satze aus der geräuschvollen Kinderstube auf den nervös klingelnden Perron hinausgesprungen."

 

1879

Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Abend-Ausgabe 18.04.

"Doch das war nur eine immerhin noch freundliche Etappe auf dem Wege meiner Erfahrungen abwärts.
  Wenn König Kurt sich bisweilen noch Abends sein Dänenroß satteln ließ, um sich 'Ruh' zu erreiten', so zieh' ich den gefahrloseren Weg über einige Gläser Bier bedeutend vor."

 

1879

Anzeige. In: Tiroler Grenzbote 2.2.

1879 Tiroler Grenzbote 02 02

1879

Anzeige. In: Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, 16.02.

1879 Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, 16.02.

1879

Anzeige. In: Dresdner Journal 09.12.

1879 Dresdner Journal  09.12.

1880

Brahm, Otto. Drittes Kapitel. Törrings Dichten. In: Das deutsche Ritterdrama des achtzehnten Jahrhunderts. Studien über Joseph August von Törring, seine Vorgänger und Nachfolger. Strassburg. Digitalisiert von Google

“ [S. 21] 1. Gedichte.
Im Familienarchiv zu München wird eine im November 1795 verfasste Beschreibung der ´Privat-Pappiere´ Törrings bewahrt, von denen das für uns Wichtigste die Nummern 19 (´Fragmente das vaterländische Trauerspiel Agnes Bernauerinn betreffend´), 20 (´das vaterländische Schauspiel betitelt Caspar der Thorringer; die wegen dessen in Klagenfurt heimlich veranstalteten Druck sich anbegebene Correspondenz s. a. betreffend. Von ao. 1779-85´) und 21 (´Gedichte, Lieder s. a. betreffend´) gewesen sein müssen. Die Documente selbst aufzufinden ist mir trotz aller Mühe leider nicht gelungen, mit Ausnahme der Lieder; diese sind zu einem Heft vereinigt mit der Bezeichnung: ´Lieder für das Clavier, mit einem Späthischen Flügel zu begleiten, 1788´. Die Zahl deutet jedenfalls auf das Jahr, in dem die Compositionen zusammengestellt wurden, nicht auf das Jahr der Entstehung. Es sind im Ganzen 29 Gedichte, darunter 17 von Bürger,* 8 von Fritz Stolberg, 1 von Christian.

* 1. Lust am Liebchen. 2. Stutzertändelei. 3. Huldigungslied. 4. An den Traumgott. 5. An die Hoffnung. 6. Herr Bachus. 7. Der Minnesinger (jetzt: ´Minnesold´).
 8. Winterlied. 9. Des armen Suschens Traum. 10. Die Weiber von Weinsberg. 11. Das neue Leben. 12. Der Ritter und sein Liebchen. 13. Spinnerlied.
 14. Ständchen. 15. Die Umarmung. 16. Liebeszauber. 17. Die Entführung.

Bürgers Gedichte lagen Törring in der ersten Ausgabe vor, ebenso die der Stolberge, wie sich aus den beigesetzten Seitenzahlen ergiebt; die meisten Compositionen dürften in dieselbe Zeit, in die Jahre 78 bis 80 fallen. “

 

1880

Bahnsen, Julius. Das Todtenhafte des abstract Typischen. In: Der Widerspruch im Wissen und Wesen der Welt. Berlin, 1880. Hier Georg Olms Verlag 2003. (Sammlung Klaus Damert)

“[S. 159] [...] [Lessing] nicht übel Lust zeigt, Alles, was ihm durch Invidualreichthum unhandlich wird, mit der Kategorie des Kläglichen, Verächtlichen, Armseligen abzuthun. Da war es denn in der That hohe Zeit, dass im Interesse der Fortentwicklung deutscher Poesie jener Rückschlag der Genie-Periode erfolgte, welcher, das entgegengesetzte Princip vertretend, jedes markirt Individuelle - und das heisst im Grunde nichts Anderes als: das in sich widerspruchsvoll Charakteristische - als solches schon für ästhetisch hinlänglich legitimirt, ja für das specifisch ästhetisch Berechtigte erklärte - denn ohne diese hypershakespearisirende Zwischen-Aera würden die Gestalten Goethe's und Schiller's noch schablonenhaft blutärmer und typisch unlebendiger ausgefallen sein, als manche von ihnen - Gott sei's geklagt! - ohnehin schon geblieben.
   Deshalb ging ja die Pendelschwingung des Geschmacks in den Romantikern uud deren Ausläufern von der Art Grabbe's, Hebbel's und O. Ludwig's noch einmal auf jene Seite charakterischer Hyperbeln und Parabeln hinüber. Ob ein Charakter "lebenswahr" oder "naturgetreu" und in sich consequent gezeichnet sei, darüber steht am allerwenigsten den professionellen Kritikern ein Urtheil zu, weil es ja zu deren Handwerk gehört, mit conventionell so oder so fixirten Begriffen zu hantiren. Meistens kommen sie obendrein von der Zunft der Philologen her, welche als solche speciell darauf geschult ist, bei ihren Corrigirarbeiten Verstösse gegen die Regel als ´Fehler´ anzustreichen und die angestrichenen auch noch zu zählen. Wie Wenige bewahren sich bei solchem Geschäft die hochsinnige Unbefangenheit eines Jacob Grimm, der es wagte, aller Pedanterie zum Trotz das vermeintlich ´Unregelmässige´ als das wahrhaft - nämlich essentialiter - Gesetzmässige zu restituiren und umgekehrt das Pseudo- reguläre unter das Gerümpel ´schulmeisterlicher Erfindungen´ zu verweisen. In ähnlicher Auflehnung gegen das despotische Regiment der ´Mamsell La Regle´, deren Machtsprüche es dahin bringen konnten, dass jetzt nach alltäglichem Sprachgebrauch jede angebliche ´Anomalie´ etwas ethisch und ästhetisch kaum noch Courfähiges sein soll, [...]. “

 

1880

Norddeutsche allgemeine Zeitung, Morgen-Ausgabe 26.8.1880

"Mit unverblümtem Spott und Hohn wird die neue Partei von den Fortschrittsblättern empfangen. 'Alle Buße und Reue nützt jetzt nichts» mehr — zu spät! — ruft die 'Berliner Zeitung.' — Da» deutsche Volk will eben weder von den Nationalliberalen erster noch zweiter Güte etwas wissen. ... Hin ist hin, verloren ist verloren!*
 

1880

Karlsruher Zeitung 03.12.1880

"Kleine Zeitung.
— Am Hoftheater zu Stuttgart wird auf Befehl Sr. Maj. des Königs eine Oper aus dem Nachlaß des Herzogs Eugen von Württemberg, des bekannten russischen Generals und heldenmüthigen Siegers in der Schlacht bei Kulm, 'Die Grabesbraut', Text nach Bürger's Lenore, zur ersten Aufführung gelangen. Die Ausstattungskosten sollen sich auf über 16,000 M. belaufen. Die Proben sind bereits in vollem Gange."

 

1880

Anzeige. In: Leipziger Tageblatt und Anzeiger 21.11.

1880 Leipziger Tageblatt und Anzeiger 21 11

    bis 1789    1790-1799    1800-1806    1807-1815    1816-1821    1822-1825    1826-1828    1829-1831

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25082023-176